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FSK 12

FSK 12 ©FSK

Originaltitel: Waren einmal Revoluzzer
Kinostart: 09.09.2021
Länge: ca. 104 Minuten
Produktionsland: Österreich
Regie: Johanna Moder
Schauspieler:innen: Johann Bednar | Josef Hader | Julia Jentsch
Genre: Komödie | Drama
Verleih: jip film & verleih

Waren einmal Revoluzzer

Waren einmal Revoluzzer ©2021 jip film & verleih

Johanna Moder konnte bereits 2014 mit ihrem Spielfilmdebüt HIGH PERFORMANCE – MANDARINEN LÜGEN NICHT beim Max-Ophüls-Preis den Publikumspreis für den besten Abendfüllenden Spielfilm abräumen. Mit ihrem nun zweiten Werk gelang ihr bereits ähnliches. Durch den eigentlich deutlich früher geplanten Start, welcher sich durch die Covid-19 Pandemie verschoben hat, nahm sie bereits 2019 am Zürich Film Festival teil sowie im Folgejahr erneut am Max-Ophüls-Preis und einigen weiteren Verleihungen, bei denen WAREN EINMAL REVOLUZZER letztlich insgesamt drei Mal ausgezeichnet wurde. Für das Land Österreich ging dieser Streifen zudem in die Vorauswahl der Golden Globe Awards 2021 als bester fremdsprachiger Film, konnte letztlich aber keine Nominierung erzielen. Bereits in ihrem ersten Werk arbeitete Johanna Moder zusammen mit den Schauspielenden Marcel Mohab und Manuel Rubey zusammen, die auch hier wieder eine Hauptrolle erhalten haben.

Darum geht es…

Als Volker eines Tages eine Geschäftsreise nach Moskau unternimmt, bittet ihn die gute Freundin Helene darum einen Umschlag mitzunehmen und diesen an Pavel zu überreichen, welcher in Moskau leider untertauchen musste. Helene möchte ihm jedoch gerne ein wenig helfen und hat einiges an Geld zusammengepackt. Widerwillig nimmt Volker diese Aufgabe an. Als er schließlich Pavel ausfindig gemacht hat und er ein wenig Zeit mit ihm verbringt, kommt ihm die Idee Pavel nach Österreich zu überführen, wo er endlich in Sicherheit leben könne. Doch alles kommt anders als erwartet, als zwar die Rettung glückt, aber plötzlich nicht nur Helenes alte Liebe vor der Tür steht, sondern auch Pavels neue Familie. Helene ist nicht nur überfordert damit, dass sie plötzlich drei statt nur einer Person Unterschlupf gewähren muss, sondern sind schnell Spannungen mit Pavels Frau Eugenina spürbar. Helene sind die Hände gebunden, doch sie muss sich etwas einfallen lassen, wie es nun weiter geht.

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Rezension

Mit WAREN EINMAL REVOLUZZER bekommen wir einen Film, der mich lange darüber grübeln lassen hat, ob er eine Filmkritik bekommt oder nicht. Das Ergebnis seht ihr natürlich hier. Doch warum war das so? Im Grunde ist dies eine gewisse Art des Heimatfilms aus dem deutschsprachigen Raum und generell ist dies immer ein schwieriges Genre. Österreichische und deutsche Produktionen folgen häufig den immer gleichen Ideen und sind gerade im Komödien- und Dramenbereich nicht selten ein ziemlicher Einheitsbrei, welchen man einfach schon viel zu oft gesehen hat. Mit dem hiesigen Film bekommen wir durchaus auch bekannte Ansätze geliefert und dennoch zeichnet das Werk aus, dass er versucht einiges einmal aus einer etwas anderen Perspektive zu betrachten. Doch genug mit den wirren Worten – was kann der Film denn nun wirklich?

Waren einmal Revoluzzer

Waren einmal Revoluzzer ©2021 jip film & verleih

Das Werk eröffnet etwas mysteriös und unmittelbar, weshalb der Beginn ein wenig holprig wirkt. Das ist jedoch grundlegend nicht so schlimm, denn die eigentliche Geschichte bietet einige interessante Ansätze, die durchaus auch diskutabel sind, und vor allem ein spannendes Spiegelbild der heutigen Zeit zeigen. Die Thematik Asyl und Flucht sind mittlerweile im europäischen Film fest verankert und werden immer wieder aufgegriffen. Nach Angaben der Regisseurin Johanna Moder wurde diesbezüglich bewusst die Flucht aus Russland ausgewählt, weil einerseits Filme über syrische Kriegsflüchtlinge zum normalen Standard geworden sind und sie andererseits wohl selbst aus dem eigenen Bekanntenkreis ein solches Geschehen kennen gelernt hat. Die Story selbst ist dabei jedoch völlig fiktiv und fußt nicht auf einer realen Vorlage.

Harte Themen für eine leichte Geschichte

Zudem ist die Flucht und Einwanderung selbst auch nur ein beiläufiges Randthema. Viel mehr beschäftigt sich WAREN EINMAL REVOLUZZER damit, wie einerseits die Willkommenskultur im deutschsprachigen Raum gelebt wird und entwickelt sich andererseits in die Richtung eines Sozialdramas, bei dem mehrere Persönlichkeiten gleichzeitig einmal unter die Lupe genommen werden. Aus diesem Grund ist es spannend sich einmal den Filmtitel etwas genauer zu betrachten, denn Revoluzzer kommt natürlich eigentlich von dem Begriff Revolutionär und ist somit natürlich eng verknüpft mit (positiven) Veränderungen, die angestrebt werden. Allerdings ist Revoluzzer selbst negativ konnotiert und wird gerne in einem satirischen Zusammenhang und teilweise etwas abwertend genutzt. So auch hier, denn wir sehen durchaus positive gedankliche Ansätze bei allen Protagonisten, die einem Mann in Not helfen wollen, recht schnell jedoch merken, dass sie mit der Situation völlig überfordert sind.

Waren einmal Revoluzzer

Waren einmal Revoluzzer ©2021 jip film & verleih

Diese Situation ist fast schon vergleichbar mit der Haustierhaltung (ohne einen negativ konnotierten Vergleich zwischen Haustieren und Flüchtlingen provozieren zu wollen), bei welcher Vernachlässigungen nicht selten vorkommen, obwohl die Anschaffung noch Glücksgefühle hervorgerufen hat und im Vorherein nicht die Arbeit sondern nur die positiven Aspekte betrachtet wurden. Auch in diesem Fall werden die Protagonisten der Situation überdrüssig und entziehen sich zunehmend ihrer Verantwortung. Die Situation wird natürlich schon durch das Drehbuch auch ein wenig dramaturgisch überspitzt, dadurch, dass aus der Rettung einer einzelnen Person plötzlich eine Rettung von zwei weiteren wird. Somit läuft die Handlung zwangsweise einem größeren Eklat entgegen, welcher sich im Verlauf immer stärker anbahnt.

Guter Versuche, aber mehr auch nicht

Der wohl spannendste Aspekt von WAREN EINMAL REVOLUZZER ist dabei das Schamgefühl aller Beteiligten, welches immer wieder deutlich herauskristallisiert wird. So ist es natürlich eine unangenehme Situation sich für eine Sache einzusetzen und später zuerkennen, dass man sich dieser lieber wieder entziehen möchte, aber ein Rücktritt nicht einfach so möglich ist. Stattdessen ist es fast schon bittere Ironie, wie die Flüchtlingsfamilie letztlich zwischen den vier Hauptfiguren hin und her gereicht wird und jeder die Verantwortung von sich schiebt.

Waren einmal Revoluzzer

Waren einmal Revoluzzer ©2021 jip film & verleih

All das geschilderte klingt natürlich ziemlich trocken, obwohl das gar nicht der Fall ist. Moder bringt zeitweise auch intensive komödiantische Aspekte mit hinein, die durchaus immer wieder zum Schmunzeln anregen, auch wenn die großen Lacher eher ausbleiben. Da das ganze Werk auch ein wenig wie ein Kammerspiel strukturiert ist, auch wenn die Ortschaft einige Male wechselt, ist natürlich auch eine relativ ähnliche Entwicklung auszumachen, wie es für solche Produktionen üblich ist. Zunehmend auffällig wird jedoch, dass neben der deutschen Sprache nun auch immer häufiger Fremdsprachen in solche Filme einfließen und entsprechende Parts untertitelt werden. So sind auch russisch und englisch immer wieder zu hören. Ob dieser Trend so sinnvoll ist, mag diskussionswürdig sein. Auch schauspielerisch ist sicher einiges diskussionswürdig – zum Beispiel warum die Darstellenden regelmäßig mit total leeren und emotionslosen Blicken zu sehen sind.

Fazit

Letztlich ist WAREN EINMAL REVOLUZZER das klassische Problemdrama, bei dem unterschiedliche Menschen und Kulturkreise aufeinandertreffen und die anfangs noch positiv sympathischen Unterschiede im Verlauf immer mehr zu einer Belastung werden. Dies bringt durchaus ein paar nette Aspekte hervor, bei denen Zuschauende sich auch einmal selbst überlegen können, wie sie mit einer solchen Situation umgehen würden, verhilft uns aber dennoch nicht zu einem wirklich besonderen Film. Der Unterhaltungswert ist weitestgehend gegeben, doch ob ich den Film ein zweites Mal schauen würde, ist wohl eher fraglich. Tatsächlich ist dieser Film wohl eher geeignet zu Hause neben der wöchentlichen Hausarbeit zu laufen, als fast zwei Stunden intensive Konzentration hineinzustecken.

Hattet ihr schon einmal den Gedanken einem Geflüchteten zu helfen, diese Person aufzunehmen und zu umsorgen? Dann solltet ihr vielleicht noch einmal genau überlegen, ob ihr der Typ dafür seid und euch mit dem hiesigen Film informieren, was alles schief gehen kann, wenn Entscheidungen zu voreilig gefällt werden. Mit ihrem zweiten Regielangfilm zeigt uns Regisseurin Johanna Moder ein politisches und soziologisches Drama, welches immer wieder zum Denken anregt und uns gleichzeitig mit etwas bitterem Humor immer wieder Momente bietet, die durchaus unterhaltend wirken. Hauptdarstellerin Julia Jentsch ist dafür natürlich immer eine wunderbare Wahl und auch hier kann sie ihre Stärken immer wieder zeigen, doch letztlich verschmilzt der gesamte Cast eher zu einem etwas unbedeutenden Schauspielhaufen, welcher große Teile des Films nicht gerade mit Emotionen oder Empathie glänzen kann. Durchaus kann man sich den Film einmal anschauen, der er mehrere sehr charmant eskalierende Situationen aufzeigt und tolle Kontraste zwischen den Figuren präsentiert, doch einen großen österreichischen Filmhit bekommen wir damit nicht, weshalb ein Kinobesuch auch nicht unbedingt notwendig scheint.

Waren einmal Revoluzzer

Waren einmal Revoluzzer ©2021 jip film & verleih

FSK 12

FSK 12 ©FSK

Original title: Waren einmal Revoluzzer
Cinema release: 09.09.2021
Length: approx. 104 minutes
Country of production: Austria
Director: Johanna Moder
Actors:inside: Johann Bednar | Josef Hader | Julia Jentsch
Genre: Comedy | Drama
Distributor: jip film & verleih

Waren einmal Revoluzzer

Waren einmal Revoluzzer ©2021 jip film & verleih

Johanna Moder won the audience award for best full-length feature film at the Max Ophüls Prize in 2014 with her feature film debut HIGH PERFORMANCE – MANDARINEN LÜGEN NICHT. She has already achieved something similar with her second work. Due to the actually much earlier planned release, which was postponed by the Covid-19 pandemic, she already took part in the Zurich Film Festival in 2019 as well as the Max Ophüls Prize again the following year and several other awards, at which WAREN EINMAL REVOLUZZER ultimately won a total of three awards. For the country of Austria, this film was also shortlisted for the Golden Globe Awards 2021 as Best Foreign Language Film, but ultimately failed to achieve a nomination. In her first work Johanna Moder already worked together with the actors Marcel Mohab and Manuel Rubey, who were again given a leading role here.

That’s the story about

When Volker goes on a business trip to Moscow one day, his good friend Helene asks him to take an envelope with him and give it to Pavel, who unfortunately had to go into hiding in Moscow. Helene, however, would like to help him a little and has packed up some money. Volker reluctantly accepts this task. When he finally tracks Pavel down and spends a little time with him, he gets the idea of transferring Pavel to Austria, where he could finally live in safety. But everything turns out differently than expected when, although the rescue is successful, suddenly not only Helene’s old love is at the door, but also Pavel’s new family. Helene is not only overwhelmed by the fact that she suddenly has to give shelter to three people instead of just one, but tensions with Pavel’s wife Eugenina are soon palpable. Helene’s hands are tied, but she has to think of something to do next.

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Review

With WAREN EINMAL REVOLUZZER we get a film that had me pondering for a long time whether it would get a film review or not. You can see the result here, of course. But why was that? Basically, this is a certain kind of Heimatfilm from the German-speaking countries and in general this is always a difficult genre. Austrian and German productions often follow the same ideas over and over again and, especially in the field of comedies and dramas, are not infrequently a rather one-size-fits-all affair that you have simply seen far too often. In this film, we are also provided with familiar approaches and yet the work is characterised by the fact that it tries to look at things from a somewhat different perspective. But enough with the confused words – what can the film really do?

Waren einmal Revoluzzer

Waren einmal Revoluzzer ©2021 jip film & verleih

The work opens somewhat mysteriously and immediately, which is why the beginning seems a little bumpy. However, this is fundamentally not so bad, because the actual story offers some interesting approaches, which are also quite debatable, and above all show an exciting reflection of today. The themes of asylum and flight are now firmly anchored in European film and are taken up again and again. According to the director Johanna Moder, the flight from Russia was deliberately chosen because, on the one hand, films about Syrian war refugees have become standard and, on the other hand, she has probably experienced such events herself from her own circle of acquaintances. The story itself, however, is completely fictitious and not based on a real-life model.

Heavy topics for a light story

Moreover, flight and immigration themselves are also only incidental peripheral themes. WAREN EINMAL REVOLUZZER is much more concerned with how the culture of welcome is lived out in German-speaking countries, and on the other hand it develops in the direction of a social drama in which several personalities are scrutinised at the same time. For this reason, it is exciting to take a closer look at the title of the film, because Revoluzzer actually comes from the term revolutionary and is therefore closely linked to (positive) changes that are being strived for. However, revoluzzer itself has negative connotations and is often used in a satirical context and sometimes somewhat pejoratively. This is also the case here, because we see quite positive mental approaches in all the protagonists who want to help a man in need, but realise quite quickly that they are completely overwhelmed by the situation.

Waren einmal Revoluzzer

Waren einmal Revoluzzer ©2021 jip film & verleih

This situation is almost comparable to keeping pets (without wanting to provoke a negatively connoted comparison between pets and refugees), where neglect is not uncommon, even though the acquisition still evoked feelings of happiness and only the positive aspects, not the work, were considered beforehand. In this case, too, the protagonists grow tired of the situation and increasingly shirk their responsibility. Of course, the situation is dramaturgically exaggerated by the script, in that the rescue of one person suddenly becomes the rescue of two others. In this way, the plot inevitably moves towards a major clash, which becomes more and more pronounced as the film progresses.

Nice try, but not more

Probably the most exciting aspect of WAREN EINMAL REVOLUZZER is the sense of shame of all those involved, which is clearly crystallised again and again. It is, of course, an unpleasant situation to commit oneself to a cause and later to realise that one would rather withdraw from it again, but a withdrawal is not simply possible. Instead, it is almost bitterly ironic how the refugee family is ultimately passed back and forth between the four main characters, each shifting responsibility away from themselves.

Waren einmal Revoluzzer

Waren einmal Revoluzzer ©2021 jip film & verleih

All this sounds rather dry, of course, although that is not the case at all. Moder also brings in intense comedic aspects at times, which certainly make you smile again and again, even if the big laughs tend to be absent. Since the whole work is also structured a bit like a chamber play, even if the location changes a few times, a relatively similar development can of course be discerned, as is usual for such productions. However, it is becoming increasingly noticeable that, in addition to the German language, foreign languages are now also being used more and more frequently in such films and the corresponding parts are subtitled. Russian and English can be heard again and again. Whether this trend is so sensible may be debatable. In terms of acting, too, some things are certainly worth discussing – for example, why the actors are regularly seen with totally blank and emotionless looks.

Conclusion

Ultimately, WAREN EINMAL REVOLUZZER is the classic problem drama in which different people and cultures clash and the differences, which are initially still positively sympathetic, become more and more of a burden as the film progresses. This certainly brings up a few nice aspects where viewers can think for themselves how they would deal with such a situation, but still doesn’t help us to make a really special film. The entertainment value is largely there, but whether I would watch the film a second time is rather questionable. In fact, this film is more suitable for watching at home alongside the weekly housework than for putting almost two hours of intense concentration into it.

Schauspieler:in Rolle
Johann Bednar Gartenbesitzer
Josef Hader Volkers Vater
Julia Jentsch Helene
Marcel Mohab Volker
Manuel Rubey Jakob
Aenne Schwarz Tina
Max Spiess Nebendarsteller
Lena Tronina Eugenia
Tambet Tuisk Pavel
Daniel Wagner Nikolai
Markus Zett Anwalt Kleingartenverein