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Originaltitel: Wonder Woman 1984
VoD – Release: 18.02.2021

FSK 12

FSK 12 ©FSK

Länge: ca. 151 Minuten
Produktionsland: USA
Regie: Patty Jenkins
Schauspieler:innen: Gal Gadot | Chris Pine | Kristen Wiig
Genre: Action | Abenteuer | Fantasy | Comicfilm
Verleih: Warner Bros. GmbH

Wonder Woman 1984

Wonder Woman 1984 ©2021 Warner Bros. GmbH

Es können Spoiler enthalten sein!

1934 gegründet, gehört DC Comics zu den ältesten US-amerikanischen Comicverlagen und erfreut sich neben den Marvel-Comics noch immer großer Popularität. Zu den ältesten Superheld:innenen bei DC gehört dabei unter anderem Wonder Woman, die zeitgleich auch die erste Superheldin dieser Marke war. Erschaffen von William Moulton Marston und erstmals veröffentlicht 1941, nimmt es die Amazone mit ihren übermenschlichen Kräften seither mit der männlichen Heldenkonkurrenz auf. Filmisch wurde sie erstmals 1974 in einem Fernsehfilm bedacht. Doch der Ruhm des DC-Universums wurde zumeist von anderen Protagonist:innen getragen, bis 2017 der erste Teil einer Neuverfilmung im Zuge des DC Extended Universe veröffentlicht wurde, in dem sie als starke und emanzipierte Kämpferin auftritt. Neben weiteren Darbietungen in BATMAN V SUPERMAN: DAWN OF JUSTICE und JUSTICE LEAGUE wurde nun ein zweiter Teil der Symbolfigur unter widrigsten Startbedingungen releast.

Wonder Woman 1984

Wonder Woman 1984 ©2021 Warner Bros. GmbH

Schon im Dezember ’20 machte der Film auf sich aufmerksam als der meist illegal gestreamte Film aller Zeiten (nach Aussagen von der spezialisierten Seite Torrent Freak). Ebenfalls bemerkenswert, dass dies wohl der erste Film ist, der in vielen Ländern anfänglich nur als Stream erhältlich ist und dennoch einen späteren Kinostart erfahren soll. Warner Bros. legte sich darauf fest, einen Kinostart um jeden Preis einzuleiten, sobald es die Bedingungen hergeben würden. Mit rund 200 Millionen US-Dollar Produktionskosten ist dieser Film jedoch kein Schnäppchen gewesen und allen bei Warner Bros. ist wohl ganz klar, dass diese Kosten nur schwer durch die VoD-Einnahmen abdeckbar sind.

Mit WONDER WOMAN 1984 möchte Regisseurin Patty Jenkins ihre Definition von Superheld:innen dem Publikum präsentieren:

„She is a perfect example of what I believe superheroes are meant to do, which is to show us how to be our better selves and remind us that by doing so, we can create a better world.“ (Sie ist ein perfektes Beispiel dafür, was Superheld:innen meiner Ansicht nach tun sollten: Sie sollen uns zeigen, wie wir ein besseres Selbst sein können und uns daran erinnern, dass wir dadurch eine bessere Welt schaffen können.)

Darum geht es…

Während zwar die Welt ihren Frieden weitestgehend zurückgefunden hat, ist Wonder Woman noch lange nicht im Reinen mit sich, denn die Trauer um Steve Trevor ist allgegenwärtig. Dennoch musste sie lernen damit zu leben und hat sich mittlerweile zivilisiert und in Washington D.C. niedergelassen, wo sie im Geheimen noch immer die Menschen vor Bedrohungen schützt. Als sie ein paar Ganoven dingfest macht, gelangen einige wertvolle Antiquitäten zurück in den Besitz von Forscher:innen. Unter anderem auch ein scheinbar wertloser Stein, in dem doch mehr steckt als er vermuten lässt. Als Wonder Womans sehnlichster Wunsch plötzlich in Erfüllung geht, schafft sie es kaum ihr Glück zu fassen, merkt aber gleichzeitig, dass hier etwas nicht stimmen kann und geht den eigenartigen Vorkommnissen auf den Grund. Sie wird vor eine schier unbezwingbare Herausforderung gestellt und muss sich mit dem verzweifelten Geschäftsmann Maxwell Lord messen, welcher dabei ist, die Welt ins Chaos zu stürzen.

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Rezension

Lange mussten wir gerade in Deutschland auf die Veröffentlichung eines großen Kinokrachers warten, nicht zuletzt natürlich wegen der immer noch geschlossenen Filmtheater. Diese lange Zeit sorgte gleich für zwei wesentliche Prozesse in den Köpfen der Menschen: zum einen wurde die Vorfreude angeheizt, zum anderen die Erwartungen enorm gesteigert. Ob beides dem Film jedoch gutgetan hat, bleibt abzuwarten. Mit WONDER WOMAN 1984 bekommen wir auf jeden Fall eine Fortsetzung, die vielversprechend wirkt, denn nachdem der erste Teil viele Menschen überraschenderweise begeistern konnte, war vor allem die Hoffnung groß, dass das DC-Universe nach einigen Anfangsschwierigkeiten nun so langsam den richtigen Weg einschlägt und damit die Wünsche der Comicbegeisterten Zuschauer:innen erfüllen kann.

Wonder Woman 1984

Wonder Woman 1984 ©2021 Warner Bros. GmbH

Ein solides Fundament…

Festzuhalten bleibt schon jetzt, dass mit Gal Gadot vor einigen Jahren eine wirklich gute Besetzung für die Rolle gefunden wurde, denn die 35jährige Israelin verkörpert gleich mehrere treffende Eigenschaften, wodurch die Figur wie auf Maß zugeschnitten wirkt. Gadot zeichnet sich vor allem natürlich durch ihren durchtrainierten Körperbau aus, der die Stärke der Figur angemessen widerspiegelt und ihr gleichzeitig eine menschliche Komponente verleiht, die eben weit ab von sonstigen Superheld:innen-Verkörperungen liegt. Auch in dem hiesigen Film beweist sie vor allem durch präzises mimisches Spiel eine große Selbstsicherheit und Gelassenheit und identifiziert sich bestens mit ihrer Rolle. Bodenständigkeit und Unvoreingenommenheit sorgen dafür, dass die Figur ähnlich wie Spider Man im Marvel-Universum eine enge Verbundenheit zum bürgerlichen Volk halten kann und die Kämpfe daher nicht zwangsmäßig in einem interstellaren Krieg enden müssen.

Auch Chris Pine schafft es endlich einige Sympathiepunkte bei mir gut zu machen, insbesondere da er sich zuvor mit Werken wie DAS ZEITRÄTSEL und INTO THE WOODS weit ins Abseits schauspielerischer Brillanz bewegte. Auch wenn seine Rolle selbst nur bedingt schlüssig scheint und dadurch einige Schwierigkeiten mit sich brachte, schafft er es doch zumindest durch seine Anwesenheit etwas Leichtigkeit und Charme in die sonst eher starre Geschichte hinein zu bringen. Zeitgleich kann er sich durch die stets einfach und leicht gehaltene Interpretation der Figur deutlich von den sehr verkrampften Antagonisten in der Geschichte abheben. Als extremen Gegensatz zu ihm bekommen wir Pedro Pascal zu sehen, der es nur schwer schafft die Intentionen, die hinter der Figur stehen, auch zu verkörpern. Insbesondere wird nur mangelhaft die Intention hinter den Taten des Antagonisten klar, auch wenn Gier und das Streben nach Macht wesentliche Komponenten davon sind.

Wonder Woman 1984

Wonder Woman 1984 ©2021 Warner Bros. GmbH

… zerstört durch visuelles und inhaltliches Chaos

Abseits des Casts wird es dann schon schwieriger lobende Worte zu finden. Während die erste Szene uns noch einmal in die Kindheitstage der Protagonistin zurückversetzt und ein aufregendes sportliches Ereignis mit rasanten und pompösen Kamerafahrten liefert, gibt es schon dort erste kritische Ansatzpunkte, die die Frage aufwerfen: Was soll das eigentlich? Ganz abgesehen davon, dass diese recht umfangreiche Szene absolut keinen Einfluss auf den weiteren Verlauf der Geschichte mit sich bringt, außer womöglich festzustellen, dass Betrügereien im Leben nicht zielführend sind, wird die Sequenz mit einigen spektakulären Disziplinen eingeleitet, die teilweise visuell nicht nur mies umgesetzt wurden, sondern auch noch eine gewisse Sinnlosigkeit mit sich bringen, sobald man anfängt über diese genauer nachzudenken. Zwar schafft es dieses Intro die Vorfreude noch ein wenig mehr anzuheizen, doch ob das allein ausreicht?

Es folgt eine stetige Aneinanderreihung von inhaltlicher Leere gepaart mit optischer Grässlichkeit, die dem Publikum zugemutet wird. Weder werden die Antagonisten schlüssig aufgebaut, noch wirken sie jemals wirklich bedrohlich. Im Prinzip schafft es der Film zu keinem Zeitpunkt eine Situation zu erzeugen, die Aussichtslosigkeit verkörpert. Dies wiederum ist ein äußerst schlechtes Zeichen für die Bösewichte. Spätestens jedoch mit den digital überarbeiten Effekten wird den Zuschauenden jede Lust an WONDER WOMAN 1984 geraubt, denn offenbar spielt nicht nur die Geschichte im Jahr ’84 sondern siedelt sich dort auch die technische Visualisierung an. Immer wieder ergänzen sich optische Logiklücken mit erschreckend unansehnlichen Bewegungen, was schließlich jegliche Grundlage für ein pompöses Filmerlebnis schon im Keim erstickt. Insbesondere zeigt hier der große Konkurrent Marvel wieder einmal, dass die heutige Technik doch schon viel mehr zu bieten hat.

Die Krönung allen Übels ist zudem, dass aus der starken Frauenrolle, die Wonder Woman im ersten Teil noch weitestgehend ausstrahlen konnte, plötzlich wieder eine völlig unterdrückte, abwertende Figur geschaffen wurde, die scheinbar völlig frei vom eigenen Willen allen Klischeekonstrukten nachgibt. Ihre Stärke oder eben Schwäche wird symbolisch gebunden an die Rolle von Chris Pine und so lange sie befreit von männlicher Dominanz agieren kann, tritt sie als starker Charakter auf, während dies Minuten später dann komplett ins Gegenteil gekehrt wird. Ob hier eine entsprechende Debatte wirklich eröffnet werden kann und sollte ist zwar fragwürdig, drängt sich jedoch recht penetrant dem Publikum auf. Wäre es nicht geschickter dieses sensible Thema gerade bei dieser Gallionsfigur weiblicher Gleichstellung weitestgehend zu umschiffen und nicht mitten durch den Sturm durch zu segeln?

Wonder Woman 1984

Wonder Woman 1984 ©2021 Warner Bros. GmbH

Fazit

Dass DC der ungeliebte quengelige Bruder von Marvel ist, der dem großen Vorbild versucht nachzueifern, ist spätestens seit JUSTICE LEAGUE bestens bekannt. Mit der Fortsetzung von WONDER WOMAN beweist Patty Jenkins nun jedoch wieder einmal, dass der Erfolg des ersten Teils fast schon ein versehentlicher Ausrutscher gewesen ist und das DC-Universum sich weiter auf unterirdischem Kurs bewegt. Nicht nur, dass mit diesem Solo-Film die übergreifende Geschichte des Extended Universe kein bisschen vorangetrieben wird, auch schafft es das Werk selbst auf keiner Ebene zu überzeugen. Auch wenn Gal Gadot weiterhin die wohl am besten gecastete Schauspielerin dieses Comicgiganten bleibt und zumindest mit ihrer persönlichen Darstellung wieder einmal überzeugen konnte, trieft der hiesige Film nur so von unliebsamer Langeweile und optischem Kamikaze, gipfelnd in einem bedeutungsarmen Ende. Die Menschen brauchen Superheldenfilme – aber nicht diesen!

„Komm hol das Lasso raus, wir spielen Cowboy und Indianer …“, ist zwar inhaltlich nicht wirklich passend, trifft aber die auftretende Stimmung ganz gut. Nicht nur das Wonder Woman plötzlich unablässig mit ihrem Lasso durch die Gegend wedelt und sich scheinbar sogar an Wolken durch die Lüfte schwingt, womit sie Spider Man einiges voraushätte, nein, wir bekommen zudem auch noch eine nicht enden wollende Katz- und Mausjagd präsentiert, die bedeutungsloser kaum sein könnte. Nicht nur, dass wir den wohl uninteressantesten Bösewicht gezeigt bekommen, den man sich vorstellen kann, wir sehen auch noch eine völlig konsequenzlose und uninspirierte Storyentwicklung, die immer nur eine Frage zulässt: Was sollte das?

Einzig Gal Gadot und Chris Pine sorgen dafür, dass das Werk nicht zu einer völlig bodenlosen Katastrophe mutiert und hin und wieder ein charmanter Augenblick doch noch Zugang zur Handlung findet. Doch reicht dies bei weitem nicht die nicht endenden Makel auszugleichen. Auch wenn die Handlungszeit im Jahr 1984 einige amüsante Ausreißer bieten kann, wirken leider vor allem auch die digitalen Spezialeffekte wie aus demselben Jahr. Man sollte meinen, dass ein längerer Zeitrahmen für die Postproduktion sich positiv auf nun erscheinende Filme auswirken müsste, doch WONDER WOMAN 1984 hat schon jetzt das absolute Gegenteil bewiesen. Erschreckend und enttäuschend – mehr fällt da leider nicht mehr zu ein.

Wonder Woman 1984

Wonder Woman 1984 ©2021 Warner Bros. GmbH


Wonder Woman 1984 (2020) on IMDb