Originaltitel: Aware: Glimpses of Consciousness
Kinostart: 02.09.2021
Länge: ca. 102 Minuten
Produktionsland: Deutschland
Regie: Eric Black | Frauke Sandig
Genre: Dokumentation
Verleih: Piffl Medien GmbH
Die 60jährige Dokumentarfilmerin Frauke Sandig ist bereits seit 1996 immer wieder mit ihren Produktionen im Kino vertreten. Zusammen mit Co-Regisseur Eric Black hat sie zusammen mi AWARE – REISE IN DAS BEWUSSTSEIN bereits vier Filme realisiert. Dies waren die Werke NACH DEM FALL von 1999, FROZEN ANGELS aus dem Jahr 2005 sowie HERZ DES HIMMELS, HERZ DER ERDE, welcher 2011 erschien und den ersten Teil eine Trilogie markiert, die Anfangs nicht als eine solche gedacht war. Laut Frauke Sandig gab es zwar schon längerfristig die Idee eine Trilogie zu realisieren, doch erst nachdem der zuletzt genannte Film so erfolgreich war und mehrere Preise international einheimsen konnte, wurde die Idee auf den zu dieser Zeit gegenwärtig produzierten AWARE-Film übertragen. Über den dritten Film der Reihe ist noch nicht viel bekannt – insbesondere kein Filmtitel – doch es wird um die kommenden Klimakatastrophen gehen.
Die Filme sind jedoch allesamt unabhängig voneinander genießbar – sie eint einzig die wissenschaftliche Betrachtungsweise von recht komplexen Themen. Für das hiesige Werk betrachtet das Filmteam sechs unterschiedliche Wissenschaftler:innen, die sich alle mit der gleichen Thematik befassen, diese jedoch auf unterschiedlichste Weise angehen. Auch für den dritten Teil wurde bereits angekündigt, dass einer der Wissenschaftler:innen wieder in Erscheinung treten würde.
Darum geht es…
Was ist das Bewusstsein? Haben alle Lebewesen ein Bewusstsein? Diesen und viele weitere Fragen versuchen Frauke Sandig und Eric Black auf den Grund zu gehen und aus unterschiedlichsten Perspektiven die faszinierenden Erkenntnisse modernster Wissenschaft zu präsentieren. Episodenartig zusammengeschnitten werden uns verschiedene Forschungsexperimente inklusive ihrer Ergebnisse vorgestellt und somit ein Ansatz geschaffen, der uns zeigen soll, welch Phänomenale Besonderheit das Bewusstsein umfasst und wie sich die Betrachtungsweise des Themas in der Vergangenheit gewandelt hat. Im Prinzip kann AWARE somit als ein Zeitzeugendokument gewertet werden, welches den aktuellen Kenntnisstand festhält und somit ein Vergleichsobjekt für künftige Entwicklungen bietet, zeitgleich aber eben auch Interessierte darüber aufklärt, welche Entwicklungen sich im Wissen um dieses Thema ergeben haben.
Mit AWARE präsentiert uns das Regie-Duo einen spannenden Einblick in wissenschaftliche Entwicklungen und Vorgehensweisen, die wir nur selten zu Gesicht bekommen. Hervorragend ist es ihnen dabei gelungen die unterschiedlichen Arten der Forschung filmisch zu kombinieren und daraus ein Werk zu schaffen, welches viele Ansätze bietet, um das Publikum abzuholen und mitzureißen. So berichtet Hirnforscher Christof Koch darüber, wie neuronale Aktivitäten mit bewussten Erfahrungen zusammenhängen, aber letztlich nicht die Erfahrung selbst sind, was wiederum ein wenig übergreift zum Film REMINISCENCE und dessen hintergründige Intention der Regisseurin Lisa Joy. Matthieu Ricard verfolgt hingegen einen anderen Ansatz und betrachtet die Thematik trotz wissenschaftlicher Ausbildung aus einer religiösen Betrachtungsweise. Als Mönch des buddhistischen Glaubens versucht er eine Brücke zu schlagen zwischen Wissenschaft und spiritueller Weltsicht und verknüpft Bewusstsein eng mit subjektiven Erfahrungen sowie der eigenen inneren Erkenntnis.
Pflanzen und Halluzinogene
Der wohl spannendste Ansatz erfolgt von Monica Gagliano, die als Pflanzenforscherin sogar das Bewusstsein aus biologischer Betrachtung untersucht und dafür verschiedenste Experimente mit Pflanzen vorstellt, die nahezu unvorstellbar sind. So hat sie in ihrer Karriere nachgewiesen, dass Pflanzen ebenfalls akustische Reize wahrnehmen können und sich auf diese einstellen. Josefa Kirvin Kulix, die bereits im ersten Teil der Trilogie als Protagonistin zu sehen war verfolgt einen eher ungewöhnlichen Gedanken und gibt zu bedenken, dass wir durch den Konsum von halluzinogenen Pflanzen womöglich eine andere Ebene des Bewusstseins erreichen können und hier spannende Forschungsmöglichkeiten warten. Was viele Menschen mit einem Freifahrtsschein für den Konsum solcher Pflanzen nehmen würden, versucht Kulix strukturiert und ganzheitlich zu erfassen und auszuwerten.
Roland Griffiths spielt auch mit der Psyche der Menschen durch die Einnahme von Erzeugnissen. Hierbei handelt es sich jedoch um Psilocybin, welches in Pilzen vorkommt und durch wissenschaftliche Tests an Probanden gegeben wird, die mehrheitlich bestätigen einen der besten Momente ihres Lebens damit gehabt zu haben. Durch eine gleichzeitige Verteilung von Placebos werden die entsprechenden Effekte gemessen und aufgearbeitet. Um diese Forschung abzurunden, hat das Regie-Duo sich auch ausgiebig mit dem Philosophen Richard Boothby unterhalten, der nach einem schweren Schicksalsschlag selbst an einer entsprechenden Studie von Griffiths teilgenommen hat.
Rezension
Ohne Frage greift AWARE somit eine komplexe Thematik auf, die für Nichtwissenschaftler wohl nur schwer fassbar und nachvollziehbar ist. Dennoch werden viele Experimente Publikumsfreundlich erklärt und simple Anreize geschaffen stets am Ball zu bleiben. Es ist jedoch schwer die Essenz der Thematik, um das Bewusstsein auszumachen, so wie es auch die verschiedenen Forschungsgebiete deutlich zeigen. Sprich uns als Zuschauende geht es mit dem Film ziemlich genauso, wie den Forscher:innen mit ihren eigenen Themengebieten – man kratz ein wenig an der Oberfläche der Erkenntnis und weiß am Ende doch, dass man absolut nichts weiß. Leider fühlt es sich auch wenige Tage nach der Sichtung genau so an, denn tatsächlich fällt es mir persönlich schwer Inhalte oder Kernaussagen des Films wieder zu geben. Doch ich befürchte, dass dies nicht daran liegt, weil die wissenschaftliche Komplexität so umfangreich war, sondern viel mehr an der Art der filmischen Aufarbeitung.
Die Dokumentation hangelt sich etwas träge von Thema zu Thema und zeigt die gesamte Geschichte als recht trockene Aufarbeitung der Fakten. Natürlich stellt sich hier die Frage, wo man welche Grenzen zieht – macht man einen Film für Leute, die sich in dem Bereich auskennen, um Ihnen noch mehr Wissen zu verschaffen, oder richtet man sich gar an gänzlich Unwissende? Muss eine Dokumentation einen gewissen Spannungsbogen enthalten, um das Publikum bei Laune zu halten, oder sollte die Aufmerksamkeit schon aus der Thematik allein voll auf die Handlung gerichtet sein. Aus diesen Gründen ist es auch schwer hier ein Urteil zu treffen, denn ich selbst bin eben jener Konsument, der hier als Laie bezeichnet werden kann. Reinweg aus dieser Perspektive fehlte dem Film jedoch ein Punkt der Erkenntnis, auf den das Ganze zusteuert. Die besondere Erleuchtung bleibt einfach aus und die Art der Erzählung ist somit nicht gerade mitreißend oder begeisternd.
Auch etwas problematisch kann die Bildgestaltung angesehen werden. Da es sich eben um eine Dokumentation handelt, bekommen wir selbstverständlich viele Interviews zu sehen, die vor allem die entsprechenden Erzählenden zeigen. Daneben werden jedoch immer wieder Sachverhalte geschildert, die dann letztlich mit Tier- oder Naturbildern oder gar völlig futuristischen visuellen Spielerein unterlegt werden, die scheinbar gar nicht zur aktuellen Thematik passen wollen. Tatsächlich geht dies so weit, dass zweitweise die Frage aufkommt, ob ein Hörbuch zum Inhaltlich nicht sogar die deutlich effektivere Wahl gewesen wäre, denn eigentlich werden die interessanten Sachverhalte alle erläutert und nicht visuell vermittelt. Bei der Recherche zum Film zeigte sich sogar, dass das Presseheft, welches ausgesprochen gut gestaltet wurde, zumindest für mich als „Laien“ deutlich ansprechender war und eine schriftliche Auseinandersetzung vollkommen ausreichen würde.
Fazit
Somit beschäftigt sich AWARE durchaus mit einer sehr spannenden Thematik, die kaum fassbar und vermittelbar ist, aber eben auch genauso schwierig filmisch aufgearbeitet werden kann. Tatsächlich gab es die Hoffnung viel mehr dieser neugierig machenden Experimente zu sehen, die die Biologin und Pflanzenforscherin Monica Gagliano vorgestellt hat, oder eben noch tiefer in die buddhistische Sichtweise eintauchen zu können. Auch die Nutzung der digitalen Bildspielerein ist vollkommen akzeptabel, wenn damit versucht wird auch visuell ein passender Inhalt zu vermitteln, was entweder sich außerhalb meines Verständnisses hier bewegte oder einfach kaum stattfand. Ich möchte den Film jedoch damit keineswegs schlecht reden, denn ich bin mir sicher, dass Menschen mit einer Affinität zu eben jener Thematik hier viele spannende Ansätze finden werden. Wer sich jedoch im Kino eine mitreißende Dokumentation erhofft hat, die das Thema erstmals bewusst (😊) vor Augen führt, wird leider enttäuscht werden.
Was wissen wir eigentlich über unser eigenes Bewusstsein? Können wir dies in Gänze wahrnehmen oder erleben wir nur einen kleinen Teil davon? Ist dies messbar? Können wir vielleicht sogar unser Bewusstsein beeinflussen? Diese und viele weitere Fragen liegen dem zweiten Teil der „Herz des Himmels, Herz der Erde“ – Trilogie zu Grunde. Sechs verschiedene Menschen, die sich alle auf unterschiedlichste Art und Weise dieser Angelegenheit nähern, vermitteln uns einen abgebrochenen Eindruck des heutigen wissenschaftlichen Kenntnisstandes. Durchaus bekommen wir einige spannende Experimente zu sehen sowie einige tolle Bilder, doch gerade letztere sind es, die oftmals nicht so richtig zu dem passen wollen, was eigentlich gerade besprochen wird. Es ist nur schwer erkenntlich welche Zielgruppe mit dem Werk genau angesprochen werden soll, doch ich finde, dass Einsteiger durchaus ihre Schwierigkeiten haben werden und schnell das Interesse verlieren könnten. Tatsächlich ist sogar die Vermutung da, dass ein 1:1 produziertes Hörbuch deutlich einfangender wäre als der Film, ohne damit das Werk schlecht machen zu wollen – denn ich bin mir sicher, dass Menschen, die sich mit dem Gebiet beschäftigen hier mitgerissen werden könnten.
Original title: Aware: Glimpses of Consciousness
Cinema release: 02.09.2021
Length: approx. 102 minutes
Country of production: Germany
Director: Eric Black | Frauke Sandig
Genre: Documentary
Distributor: Piffl Medien GmbH
The 60-year-old documentary filmmaker Frauke Sandig has been represented in the cinema time and again with her productions since 1996. Together with co-director Eric Black, she has already realised four films with AWARE – REISE IN DAS BEWUSSTSEIN. These were the works AFTER THE FALL from 1999, FROZEN ANGELS from 2005 and HEART OF SKY, HEART OF EARTH, which was released in 2011 and marks the first part of a trilogy that was not initially intended as such. According to Frauke Sandig, there had been the idea of realising a trilogy for some time, but it was only after the latter film was so successful and won several international awards that the idea was transferred to the AWARE film, which was currently in production. Not much is known yet about the third film in the series – especially no film title – but it will be about the coming climate catastrophes.
However, the films are all enjoyable independently of each other – the only thing that unites them is the scientific approach to quite complex issues. For this one, the film team looks at six different scientists who all deal with the same topic, but approach it in different ways. It has already been announced that one of the scientists will appear again in the third part.
That’s the story about
What is consciousness? Do all living beings have a consciousness? Frauke Sandig and Eric Black try to get to the bottom of these and many other questions and present the fascinating findings of modern science from a variety of perspectives. Cut together like episodes, various research experiments including their results are presented to us, thus creating an approach that is intended to show us the phenomenal specificity of consciousness and how the way we look at the subject has changed in the past. In principle, AWARE can be seen as a contemporary document that records the current state of knowledge and thus offers an object of comparison for future developments, while at the same time informing those interested about the developments that have taken place in our knowledge of this subject.
With AWARE, the director duo presents us with an exciting insight into scientific developments and procedures that we rarely get to see. They have succeeded brilliantly in combining the different types of research on film and creating a work that offers many approaches to pick up the audience and carry it away. For example, brain researcher Christof Koch reports on how neuronal activities are connected to conscious experiences, but ultimately are not the experience itself, which in turn overlaps a little with the film REMINISCENCE and its director Lisa Joy’s profound intention. Matthieu Ricard, on the other hand, takes a different approach and, despite his scientific training, looks at the subject from a religious point of view. As a monk of the Buddhist faith, he tries to build a bridge between science and a spiritual world view and closely links consciousness with subjective experiences as well as his own inner realisation.
Plants and hallucinogenic
Probably the most exciting approach is taken by Monica Gagliano, who, as a plant researcher, even examines consciousness from a biological point of view and presents a wide variety of experiments with plants for this purpose that are almost inconceivable. In her career, for example, she has proven that plants can also perceive acoustic stimuli and adjust to them. Josefa Kirvin Kulix, who was already the protagonist in the first part of the trilogy, pursues a rather unusual idea and suggests that we might be able to reach another level of consciousness through the consumption of hallucinogenic plants, and that exciting research opportunities await us here. What many people would take with a free pass to consume such plants, Kulix tries to grasp and evaluate in a structured and holistic way.
Roland Griffiths also plays with people’s psyche by taking products. However, this involves psilocybin, which is found in mushrooms and is given through scientific tests to test subjects, the majority of whom confirm having had one of the best moments of their lives with it. Through a simultaneous distribution of placebos, the corresponding effects are measured and processed. To round off this research, the directing duo also talked extensively with philosopher Richard Boothby, who himself took part in a corresponding study by Griffiths after a severe stroke of fate.
Review
Without question, AWARE tackles a complex subject that is difficult for non-scientists to grasp and understand. Nevertheless, many experiments are explained in an audience-friendly way and simple incentives are created to stay on the ball. However, it is difficult to discern the essence of the topic of consciousness, as the various fields of research clearly show. In other words, we as viewers feel the same way about the film as the researchers do about their own areas of research – we scratch the surface of our knowledge a little, but in the end we know that we know absolutely nothing. Unfortunately, it feels exactly the same a few days after seeing the film, because it is actually difficult for me personally to reproduce the content or core statements of the film. But I fear that this is not because the scientific complexity was so extensive, but much more because of the way the film is processed.
The documentary shimmies somewhat sluggishly from topic to topic and shows the whole story as a rather dry rehashing of the facts. Of course, this raises the question of where to draw the line – do you make a film for people who know a lot about the subject to give them even more knowledge, or are you aiming at the completely ignorant? Does a documentary have to contain a certain suspense to keep the audience entertained, or should the attention be fully focused on the plot because of the subject matter alone? For these reasons, it is difficult to make a judgement here, because I myself am precisely the kind of consumer who can be described as a layperson here. Purely from this perspective, however, the film lacked a point of insight towards which the whole thing is heading. The particular epiphany simply fails to materialise and the style of storytelling is thus not exactly rousing or inspiring.
The image design can also be seen as somewhat problematic. Since it is a documentary, we naturally get to see many interviews, which mainly show the respective narrators. In addition, however, facts are described again and again, which are then ultimately underlaid with animal or nature images or even completely futuristic visual gimmicks that do not seem to want to fit the current theme at all. In fact, this goes so far that at times the question arises as to whether an audio book on the content would not have been a much more effective choice, because the interesting facts are actually all explained and not conveyed visually. When researching the film, it even became apparent that the press booklet, which was extremely well designed, was much more appealing, at least to me as a “layperson”, and that a written discussion would be completely sufficient.
Conclusion
AWARE thus deals with a very exciting topic that is almost impossible to grasp and convey, but is also just as difficult to deal with on film. In fact, there was the hope to see many more of these curiosity arousing experiments presented by biologist and plant researcher Monica Gagliano, or to be able to dive even deeper into the Buddhist point of view. The use of digital imagery is also perfectly acceptable, as long as it attempts to visually convey appropriate content, which was either beyond my understanding here or simply didn’t happen at all. However, I don’t want to badmouth the film in any way, because I am sure that people with an affinity to this very subject will find many exciting approaches here. However, if you were hoping for a stirring documentary in the cinema that would make you aware ( 😊 ) of the topic for the first time, you will unfortunately be disappointed.
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