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Bullet Train1975 raste der Bullet Train durch die japanische Hauptstadt Tokio und die Polizei musste sich um über 1.500 Seelen sorgen, denen der Tod angedroht wurde. Auch bekannt als PANIK IM TOKIO-EXPRESS zählt der Katastrophenfilm zu einem der bestbesetzten Filme der japanischen Filmhistorie. Auch wenn Constantin Film diesen 1976 in die deutschen Kinos überführte, gab es hierzulande leider noch nie die komplette Version in synchronisierter Fassung zu sehen. Lediglich 94 Minuten von den ursprünglich 153 Minuten Spieldauer wurden eingedeutscht. Trotz des gleichen Titels und einer ähnlichen Grundprämisse haben jedoch die ‘75er Version und die nun erscheinende Verfilmung nichts gemein. Während der japanische Film als Vorgänger von SPEED betrachtet werden kann, beruht David Leitchs Werk auf der Romanvorlage des japanischen Autors Kōtarō Isaka, welche 2010 unter dem Titel Maria Beetie erschien und nun auch unter BULLET TRAIN im deutschen Handel erhältlich ist.

Leitch, der mittlerweile als Meister des modernen Actionkinos betrachtet wird, widmet sich einmal mehr der Inszenierung von scheinbar unmöglichen Stuntsequenzen. Der frühere Stuntman hat bereits mit DEADPOOL 2, ATOMIC BLONDE, JOHN WICK und FAST & FURIOUS: HOBBS & SHAW deutlich bewiese, dass er nicht nur vor der Kamera das Genre zelebriert, sondern auch abseits davon die Ära des explosiven Films auf eine neue Ebene heben möchte.

The Problem is we’re on a train, but the opportunity is we’re on a train.David Leitch im PH zum Film

Bullet Train

Bullet Train ©2022 Sony Pictures

Trotz all der jahrelangen Erfahrung sah es der Regisseur als große Herausforderung an, einen kompletten Streifen einzig und allein in einem Zug zu inszenieren, der bekanntermaßen nur wenig Platz für aufreibende und spektakuläre Actionszenerien bietet. Um dennoch seinen Qualitätsstandards gerecht zu werden, liefert uns Leitch einen Cast, der sich bereits bestens in dem Genre auskennt. Neben Brad Pitt, Aaron Taylor-Johnson und Brian Tyree Henry, die allesamt die jüngste Filmhistorie mit ihrem Unterhaltungskino prägten, ist auch Sandra Bullock an Bord des Bullet Trains und bringt damit im entferntesten Sinne doch eine gewisse Verbindung zum bereits erwähnten japanischen Pendant hinein.

Darum geht es

Ladybug möchte endlich einmal alles anders machen. Bei seinen letzten Jobs als Auftragskiller ist immer jemand umgekommen, ohne dass es in seiner Absicht stand. Bei seinem nächsten Auftrag jedoch möchte der unerbittliche Mörder seiner Pechsträhne entkommen und verzichtet freiwillig auf das Tragen einer Waffe. Hätte er jedoch gewusst, dass an Bord des Shinkansen-Zugs, in dem ein Koffer versteckt ist, den es zu stehlen gilt, noch einige weitere Auftragskiller zufällig zusammenkommen, hätte er sich wohl noch einmal genau überlegt, ob diese Entscheidung so ratsam ist. Bei mehreren Hundert Stundenkilometern gibt es keine Chance zu entkommen und ein paar unerwartete Morde setzen eine Kette der Gewalt in Gang, die Ladybug an die Grenzen seiner Fähigkeiten bringt und eine Schlacht um Leben und Tod mit sich bringt. Die Pechsträhne will nicht enden, doch wird sie diesmal auch sein eigenes Leben kosten?

Rezension

Leitch hält, was er verspricht und bietet uns auch in seinem neusten Coup wieder ein überragendes Spektakel auf einem äußerst hohen Qualitätsstandard. Er versteht es grandios, Humor und Gewalt zu kombinieren, sodass Komödie und Action eine einzigartige Symbiose eingehen. Auch wenn seine Filme nicht gerade vor inhaltlicher Brillanz und Tiefgründigkeit strotzen, liefert er stets das perfekte Popcornkino. Dabei hat er erkannt, dass das Publikum die ewig weichgespülten FSK 12 Kinderfilme leid ist und stattdessen die völlige Übertreibung, die früher nur in Horror-Filmen zu sehen war, auch in anderen Sparten der Filmindustrie wertschätzt. Gnadenlos werden wir daher mit makabren und blutgetränkten Kampfchoreografien konfrontiert, die selbst beim Zuschauenden Schmerzen wecken können. Dabei kann sogar das Werfen einer Glasflasche deutlich brutaler rüberkommen als ein Stich mit dem Messer, da die Zeiten von Crash- und Zuckerglas längst vorbei sind.

Bullet Train

Bullet Train ©2022 Sony Pictures

Prägend für BULLET TRAIN ist in jeder Hinsicht der Einfallsreichtum in der Darstellung von Gewalt. Sei es die Vielzahl verschiedenster Waffen, die Breite der verschiedenen Arten jemanden umzubringen oder der Ideenreichtum in der Setgestaltung – nichts bleibt dem Zufall überlassen und überall beweist Leitch, dass Langeweile nicht sein Stil ist. Laut und aufregend kommt das Werk daher und etabliert nicht selten tarantinoeske Sequenzen. Doch auch andere Film- und Serienreferenzen finden ihren Platz und so dürfte wohl niemandem die Anspielung auf die rote Hochzeit aus GAME OF THRONES entgehen oder gar die schrecklichen Parallelen zu TRAIN TO BUSAN. Zudem zeichnen filmische Überschneidungen sich nicht nur durch die inhaltliche Ähnlichkeit aus, sondern auch durch viele charmante schauspielerische Gastauftritte, die teilweise früheren Rollen der Personen nachempfunden wurden und sich perfekt in die Gesamthandlung eingliedern. Ähnlich wie beim japanischen Pendant von ’75 geben sich Topstars sogar in kleinsten Nebenrollen in die Klinke in die Hand.




Große Show – ganz nah dran

Unterlegt mit einem fast schon comichaften Score, der sich im Verlauf des Films immer wieder einem breiten Spektrum populärer Songs bedient und damit GUARDIANS OF THE GALAXY Allüren mit sich bringt, liefert uns das Team eine unterhaltsame Show, die in mehr als 120 Minuten kaum Zeit zum Durchatmen bietet. Leitchs Stammkameramann Jonathan Sela ist erneut dafür verantwortlich, die Sequenzen mit beeindruckenden Kamerafahrten und spektakulären Bildern einzufangen. Wie wir es von ihm gewohnt sind, gelingt dies erneut in Perfektion. Selbst schnelle Bewegungen werden präzise erfasst, was auch daran liegt, dass häufig auf Weitwinkelaufnahmen verzichtet wird und die Kamera sich lieber exakt auf die wesentlichen Bewegungen und Ereignisse fokussiert. Zeitgleich leben die Aufnahmen von einer hervorragenden Gestaltung des Hochgeschwindigkeitszuges, der ein buntes und nuanciertes Farbenspektrum vorweist und damit ein wenig an GUNPOWDER MILKSHAKE erinnert.

Bullet Train

Bullet Train ©2022 Sony Pictures

Ähnlich wie wir es aus DEADPOOL kennen, lebt BULLET TRAIN von einer Vielzahl ironischer Dialoge, die einzig und allein der seichten Unterhaltung dienen. Verkorkste Metaphern, leere Phrasen und asiatische Weisheiten dienen als Spielball, um dem Publikum klar zu signalisieren, dass absolut nichts in diesem Werk ernst genommen werden kann. Das erklärt auch, warum totgeglaubte Figuren immer wieder zurückkehren und Leitch sich einen Spaß daraus macht, die Zuschauenden an der Nase herumzuführen.

Fazit

Die Zeit des seichten Actiongeballers ist längst vorbei und so reiht sich auch Leichts neuster Geniestreich in die Reihe der roughen und schwer verdaulichen Genrefilme ein, die keinerlei Anstalten machen, mehr zu sein als sie sind: Pure Gewalt kombiniert mit seichtem Humor, großen Stars und einem ungewöhnlichen Setting. Unterhaltungskunst pur, die allerdings in der Menge der unzähligen Sequenzen etwas überladen und dadurch fast schon wieder eintönig wirkt. Zwar ist der Kreativität keine Grenze gesetzt, sodass Leitch sein ganzes Spektrum an Stunt-Know-how auspacken kann, doch scheint er dabei manchmal zu vergessen, dass Kämpfe allein keinen guten Film auszeichnen. Dennoch ist BULLET TRAIN ein wirklich gelungenes Spektakel, welches eine gute Zeit bietet und angesichts der fabelhaften Aufnahmen unbedingt im Kino konsumiert werden sollte.

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