FilmkritikCast
FSK 12

FSK 12 ©FSK

Originaltitel: Finch
Streaming-Release: 05.11.2021
Länge: 115 Minuten
Produktionsland: USA | Vereinigtes Königreich
Creator: Miguel Sapochnik
Schauspieler:innen: Tom Hanks | Caleb Landry Jones | Oscar Avila
Genre: Sci-Fi | Drama
Verleih: Apple TV+

Finch

Finch ©2021 Apple TV+

Nach FOR ALL MANKIND und zuletzt der Asimov-Buchverfilmung FOUNDATION versieht Apple seinen hauseigenen Streamingdienst mit neuer Genrekost, in welcher sich Regisseur Miguel Sapochnik mit Starbesetzung in eine postapokalyptische Zukunft begibt. Das Drehbuch zum neuen Science-Fiction-Film landete bereits vor einigen Jahren auf der Blacklist der besten unverfilmten Ideen Hollywoods. In seinem zweiten Spielfilm zeigt sich der Regisseur, der unter anderem Höhepunkte der Erfolgsserie Game of Thrones wie „Hartheim“ und die „Schlacht der Bastarde“ inszenierte, von seiner ruhigen und gemächlichen Seite.

Indes gesellt sich Oscarpreisträger Tom Hanks bereits zum zweiten Mal zu einem Apple TV+ Original. Nach dem im vergangenen Jahr gestarteten GREYHOUND kehrt er als Hauptdarsteller für die dystopische One-Man-Show zurück. An seiner Seite sind neben Roboter und Hund vor allem Staub und verlassene Städte in prominenten Rollen zu sehen. Und außerdem etliche Parallelen zu anderen Science-Fiction Filmen.

Darum geht es…

Finch zählt zu den wenigen Überlebenden einer verheerenden Katastrophe, welches den Großteil der Menschheit auslöschte und die Erde in ein staubiges und unbewohnbares Ödland verwandelte. In einem unterirdischen Labor arbeitet der ehemalige Robotik-Ingenieur fortan daran, einen Roboter zu entwickeln, der sich unter anderem um seinen geliebten Hund Goodyear kümmern soll, wenn auch er selbst der hohen Strahlenbelastung zum Opfer fällt. Die Zeit drängt, denn Unwetter beginnen, um das Zufluchtsgebiet aufzuziehen, die Finch und seine ungewöhnlichen Gefährten zur Flucht drängen. Mit seinem treuen tierischen Begleiter und einem unfertigen Roboter begibt sich Finch auf ungewisse Reise …

Aus datenschutzrechtlichen Gründen benötigt YouTube Ihre Einwilligung um geladen zu werden. Mehr Informationen finden Sie unter Datenschutzerklärung.
Akzeptieren

Rezension

Die Gefahren, denen das ungleiche Trio auf ihrer Reise begegnet, sind nicht exorbitant oder gar übernatürlich viel mehr unspektakulär realistisch. Und sie sind weitaus hintergründiger als in anderen Filmen mit postapokalyptischen Setting. FINCH hingegen macht schon mit seinen ersten Szenen klar, wohin die Reise geht: ins Ödland, sowohl der übriggebliebenen Welt als auch der erzählerischen Innovation. Dass das nicht von Grund auf misslingen muss, zeigt der Film vor allem in seinen gefühlvollen Momenten, dass diese Herangehensweise jedoch auch heikler Balanceakt sein kann, mit allem anderen.

Finch

Finch ©2021 Apple TV+

Vordergründig steht das Dreiergespann um FINCH und seine treuen Begleiter. Als einziger realer Akteur knüpft Tom Hanks die Bänder zwischen den Figuren, ist durch seine ehrliche Hingabe sowohl Freund als auch Mentor. Seine nächst lebende Bezugs“person“, Hund Goodyear, erwidert Hanks Schauspiel ohne vermenschlicht oder klischeehaft überzeichnet zu werden, ganz im Gegensatz zum Androiden Jeff. Der von Caleb Landry Jones (GET OUT, THE DEAD DON’T DIE) zum Leben erweckte Roboter wirkt stellenweise wie ein kindlicher Hybrid aus WALL-E und Vertretern der STAR WARS – Droidenarmee und selten wie ein interessanter, origineller Charakter.

Finch

Finch ©2021 Apple TV+

Ein Kernproblem, welches sich spätestens nach Etablierung der Situation und der Figuren durch weite Teile des Films zieht und welches Sapochnik mit optischen und herzlichen Nettigkeiten auszuschmücken weiß. Die Handlung bleibt jedoch so wenig innovativ wie Sandberge in einer Wüstenlandschaft und stellenweise auch so oberflächlich wie vorheriges Beispiel. Ausgestreckt auf knapp zwei Stunden Laufzeit bleibt ein weitreichend gemächlicher und leider nur selten interessanter Genrevertreter. Philosophische oder technologische Ansätze spielt er nie aus, die Dystopie schraubt er zu Gunsten seiner Charakterwärme häufig zurück und tiefgreifende Erfahrungswerte vermittelt er mit uninspirierten Erzählungen oder auflockernden Slapstick.

Sapochnik auf Sparflamme

Von Lebensweisheit zu Lebensweisheit kreiert Sapochnik jedoch auch eine Herzlichkeit und Verbundenheit seiner Charaktere, die die Schwächen niemals überschatten, aber abmildern können. Zwar strotzen einige Szenen nur so von Rührseligkeiten, doch die optimistischeren Züge eines postapokalyptischen Sci-Fi-Films verleihen FINCH zumindest eine hoffnungsvolle und gegen Ende auch emotionale Note. Nur schade, dass in den Figuren trotzdem selten eigene Charakterzüge und packende Ideen stecken.

Sapochniks zweiter Spielfilm erweckt in vielerlei Hinsicht den Eindruck einer Fingerspitzenübung. Seinem Gespür für wichtige und imposante Szenen und Bildkonstruktionen, wie er es in Game of Thrones zeigen konnte, wird sowohl die Geschichte als auch der Film nicht gerecht. FINCH ist zu lang und in seiner Dramaturgie äußerst überschaubar und einfach, wenn etwa die Außenwelt nur und in unterschiedlichem Ausmaße zuschlägt, wenn es die vermeintliche Spannung des Films gerade benötigt.

Finch

Finch ©2021 Apple TV+

Das Setting, in dem sich die Figuren bewegen, ist nicht mehr als ein zurecht gezimmerter Rahmen, weder facettenreich noch einfältig. In Nahaufnahmen erzeugt sich eine beklemmende und hitzige Atmosphäre, in Großaufnahmen hingegen verschwimmen computeranimierte Häuserfassaden. Die Stürme sind mächtig, in Actionsituationen aber niemals so bedrohlich wie aus der Entfernung und auf großem Bildschirm und mit zermürbenden Sound deutlich eindrucksvoller. Der Soundtrack hingegen kramt alte Popsongs auf und kann die Gefühlsseligkeit einzelner Szenen in Windeseile auf die Spitze treiben.

Fazit

FINCH ist Science-Fiction-Unterhaltung im Wohlfühlmodus. Mit Hund und einem kindlich-naiven Roboter begibt sich Hanks auf ungewisse Reise, um als Mentor letzte Lebensweisheiten loszuwerden. Das geschieht mit allerlei Wärme für die Charaktere, jedoch ohne Gefühl für eine interessante oder erzählenswerte Geschichte. So bleibt das neue Apple-Original zwar gut bebildert und solide umgesetzt, aber auch deutlich hinter den Erwartungen zurück.

Schauspieler:in Rolle
Tom Hanks Finch
Caleb Landry Jones Jeff
Oscar Avila Truckfahrer
Lora Martinez-Cunningham Mutter
Marie Wagenman Tochter