Bewertung Michel Rieck

FilmkritikIn KürzeDas sagen die Kollegen
Jetzt auf Amazon kaufen oder leihen Originaltitel: Return to Paradise
Kinostart: 18.02.1999
DVD/Blu-ray – Release: 27.06.2013

FSK 12

FSK 12 ©FSK

Länge: ca. 105 Minuten
Produktionsland: USA
Regie: Joseph Ruben
Schauspieler:innen: Elizabeth Rodriguez | Vince Vaughn | Joaquin Phoenix
Genre: Drama
Verleiher:
 justbridge entertainment GmbH

Für das Leben eines Freundes

Für das Leben eines Freundes ©justbridge entertainment GmbH

Gut zehn Jahre vor der Veröffentlichung von FÜR DAS LEBEN EINES FREUNDES gab es bereits schon einmal einen Film, der das heikle Thema – auf welches ich später zu sprechen kommen werde – gezeigt hat. Das Drehbuch zum 1999 entstandenen Werk beruht damit auf der Vorlage von DER PREIS DER FREIHEIT, welcher am 28.09.1989 in den Kinos gestartet ist. Dieses französische Werk von Pierre Jolivet wurde unter anderem mit Patrick Benguigui in einer der Hauptrollen besetzt, der zuletzt wieder mit den Filmen DIE WURZELN DES GLÜCKS und EIN SACK VOLL MURMELN auf sich aufmerksam gemacht hat. Aber auch Francois Cluzet hat mich im vergangenen Jahr mit PAUL UND DIE SCHULE DES LEBENS von seiner schauspielerischen Qualität überzeugt.

Auch FÜR DAS LEBEN EINES FREUNDES ist hochklassig besetzt. Umso mehr seit Joaquin Phoenix vor wenigen Monaten erst eine Auszeichnung mit dem Oscar als bester Schauspieler erhalten hat. Aber auch Vince Vaughn ist nicht zu vernachlässigen. Bekannt für eher komödienhafte Filme, hat er mit HACKSAW RIDGE – DIE ENTSCHEIDUNG und FIGHTING WITH MY FAMILY bewiesen, dass er auch anders kann und sollte sich tunlichst auch in dieser Genre-Richtung weiterhin orientieren.

Für das Leben eines Freundes

Für das Leben eines Freundes ©justbridge entertainment GmbH

Darum geht es…

Nicht ermittelbar, ob es auch eine reale Vorlage für beide Produktionen gibt – vielleicht wisst ihr ja mehr als ich, dann schreibt mir gerne eine Mail – zeichnet sich ein schrecklicher Verlauf in der Handlung ab. Eigentlich sind Lewis McBride, John Volgecherev und Tony Croft beste Freunde, die ganz entspannt einen wundervollen Urlaub in Malaysia verbringen wollten. Diesen haben sie auch bis zum Letzten ausgekostet. Tony und John reisen am Ende dieser Zeit wieder in ihre Heimat New York, während Lewis zurückbleibt, um dort Orang-Utans zu retten. Womit die beiden Rückkehrer nicht gerechnet haben war, dass die Ereignisse sich kurz nach ihrer Abreise überschlagen haben und Lewis in Gefangenschaft geraten ist.

Grund dafür war die Anzeige eines Fahrradbesitzers, dem die drei Jungs sein Eigentum nicht wieder zurückgebracht haben, woraufhin die Polizei bei einer Durchsuchung eine beachtliche Menge Drogen in Lewis‘ Unterkunft gefunden haben. Nun müssen Tony und John zu ihrer Tat stehen, um Lewis zu retten, dem ansonsten der Tod droht. Doch werden sie sich selbst für lange Zeit in Gefangenschaft begeben, um ihren Freund zu retten? Was hättet ihr getan?

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Rezension

In diesem packenden Filmdrama dauert es eine Weile bis die Geschichte wirklich in Fahrt ist, doch heißt das keineswegs, dass hier mit langweiligen Anfangspassagen zu rechnen ist, denn vielmehr hat sich Regisseur Joseph Ruben darauf konzentriert die Figuren angemessen einzuführen und zu charakterisieren, um damit einen geschickten Bogen auf spätere Handlungen schlagen zu können. Vielmehr ergibt sich daraus die Chance schrittweise einen dramatischen Spannungsbogen aufzubauen, der mit jeder weiteren Szene ansteigt, ohne so richtig jemals abzufallen. Genau dies ist hier auch geschehen.

Für das Leben eines Freundes

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Anfangs noch als unbedeutender Nebencharakter, bekommt Joaquin Phoenix eher weniger Screentime, entwickelt sich jedoch im Gesamtverlauf zu der wesentlichen Figur der der Geschichte. Schon damals hat dieses Schauspielgenie bewiesen was in ihm steckt, denn mit einer hervorragenden Performance, die zeitweise auch in JOKER erkennbar war, hat er die Dramatik seiner Situation bestens visualisieren können und einem verrückten, bemitleidenswerten und gebrochen Mann ein Antlitz verschaffen. Ausgemergelt und völlig am Ende seiner körperlichen Kräfte – von den psychischen ganz zu schweigen – spielt sich Phoenix also schon weit vor seiner nunmehr legendären Rolle in Gotham City in die Herzen des Publikums.

Für das Leben eines Freundes

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Vince Vaughn als Kontrast zu Joaquin Phoenix

Fast schon das komplette Gegenteil davon zeigt Vince Vaughn dem Publikum. Irgendwie gelassen, desinteressiert und immer im Versuch das Beste aus jeder Situation für sich herauszuholen zeigt er ein recht unschönes Figurenbild, welches aus der Kombination aus mittelmäßigem Schauspiel und ungenügenden Drehbuch zu rühren scheint. Die Frage ist also: Kann Vince Vaughn einfach keine guten ernsten Rollen verkörpern oder hat seine Rolle jeglichen Charme schon im Drehbuch verloren gehabt? Seltsamerweise stellt die Storyline eben jene Figur zu großen Teilen in den Mittelpunkt der Handlung. Sowohl David Conrad, der dabei fast schon völlig untergeht, als auch Joaquin Phoenix werden in diesem Dreigestirn viel zu sehr vernachlässigt.

Doch sind die Darsteller eher austauschbare Marionetten – abgesehen natürlich von Phoenix, dessen Figur von kaum jemanden hätte besser dargestellt werden können – denn viel wesentlicher ist dieser simple, aber eben auch tiefgreifend dramatische Geschichte, die hinter den Schauspielern steht. In kürzester Zeit wird aus einer tollen Urlaubsgeschichte ein schreckliches Drama erzeugt, welches nur noch durch einen atemraubenden Schluss getoppt werden kann und damit Fassungslosigkeit auf den Gesichtern der Zuschauer hinterlässt. Mutig wird hier mit realen Vorbildern gearbeitet, die wieder einmal zeigen wie schrecklich die Menschheit sein kann.

Für das Leben eines Freundes

Für das Leben eines Freundes ©justbridge entertainment GmbH

Zu eben jener Entwicklung gesellt sich zu dem ein persönlicher Konflikt, welcher sich wohl in den meisten Zuschauern aufbauen dürfte: Wie hätte man selbst reagiert? Wäre man für das Leben eines Freundes selbst ins Gefängnis gegangen, wo man diesen zudem kaum kennt und seit Jahren nichts mit ihm zu tun hatte? Es ist wunderbar, wenn Filme gesellschaftliche Fragen aufwerfen, die Grund zum ordentlichen Grübeln liefern, doch gelingt dies selten so gut wie in diesem Werk, da die Voraussetzungen für den inneren Konflikt bestens geschaffen wurden.

Was würdet ihr tun? Was würdet ihr machen, wenn ihr erfahrt, dass ein Schulfreund oder Partner aus der Jugend, den ihr seit Jahren nicht mehr gesehen und gehört habt, wegen einer gemeinsamen Tat im Gefängnis sitzt und nun deswegen zu Tode verurteilt wird, ihr ihn jedoch retten könntet durch ein Geständnis, bei dem ihr selbst für lange Zeit weggesperrt würdet? Was würdet ihr tun?

Vielmehr als ein Spielfilm, der eine dramatische Geschichte erzählt, hinterfragt dieses Werk unsere eigene Persönlichkeit und stellt den Zuschauer damit vor einen Spiegel, in den keiner so gerne hineinschauen möchte. Während Vince Vaughn dabei eher marionettenhaft seine Rolle herunterspielt und trotz Hauptrolle nicht weiter auffällt, ist es doch der junge Joaquin Phoenix, der schon damals mit einer unvergleichbar emotionalen und verstörenden Performance Maßstäbe für seine schauspielerische Zukunft gesetzt hat. Es bleibt sowohl anhand des dargestellten Spiels als auch wegen der sehr ungemütlichen Geschichte ein sehr flauer Eindruck im Magen zurück, welches den Zuschauer auf allen Ebenen mitreißt und ins Wechselbad der Gefühle stößt. So simpel der Film doch eigentlich ist, so präzise schafft er es doch von sich zu überzeugen.

Für das Leben eines Freundes

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