Review Fakten + Credits


Kill your Friends Filmstill

Kill your Friends ©2023 Ascot Elite

Musik ist eine der wenigen Dinge, auf die sich die gesamte Menschheit einigen kann. Vermutlich gibt es nur wenige Personen, die Musik nicht mögen. Selbstverständlich gibt es völlig unterschiedliche Arten von Musik, die verschiedene Geschmäcker ansprechen. Für die Künstler*innen ist es häufig das Ziel, nicht nur ihre Gedanken in eine hörbare Form zu bringen, sondern auch erfolgreich zu sein, im Radio gespielt oder zu einem Social-Media-Hit zu werden. Obwohl ihre Bedeutung immer mehr abnimmt, haben die Major-Labels einen riesigen Einfluss auf die Verwertungskette. Wer bei Universal, Sony oder Warner unter Vertrag genommen wurde, hat es in der Regel geschafft. In seinem Buch KILL YOUR FRIENDS hat John Niven einen Blick hinter die Kulissen geworfen. Wer entscheidet, welche Künstler*innen unter Vertrag genommen werden? Nach dem Erfolg des Romans wurde dieser von Owen Harris verfilmt.

Darum geht es…

Es ist das Jahr 1997 in London. Der Britpop ist gerade auf dem Vormarsch, und Bands wie Blur, Oasis oder The Verve sorgen für große Gewinne bei den Major-Labels. Der 27-jährige Steven Stelfox (Nicholas Hoult) arbeitet als Artist & Repertoire Manager beim Label Unigram. Er strebt die Leitung der Abteilung an und würde dabei auch auf unkonventionelle Methoden zurückgreifen. Gemeinsam mit seinem Assistenten Darren (Craig Roberts) ist er auf der Suche nach dem nächsten großen Hit, um befördert zu werden. Dafür trifft er sich unter anderem mit dem deutschen Techno-Musiker Rudi (Moritz Bleibtreu). Nebenbei sabotiert er seinen Vorgesetzten David (Dustin Demri-Burns), damit dieser endlich den Platz verlassen muss, auf dem es sich Stelfox gemütlich machen will. Auf seinem Weg an die Spitze wird der selbstverliebte Steven mit eigensinnigen Musiker*innen, einem audiophilen Polizisten und hinterlistigen Kolleg*innen konfrontiert.

Aus datenschutzrechtlichen Gründen benötigt YouTube Ihre Einwilligung um geladen zu werden. Mehr Informationen finden Sie unter Datenschutzerklärung.
Akzeptieren

Rezension:

Man könnte KILL YOUR FRIENDS Etikettenschwindel vorwerfen. Zum einen kommen nicht viele Menschen ums Leben, auf der anderen Seite hat Steven Stelfox keine Freund*innen. Der Titel spielt mit den Erwartungen, genauso wie es der Film in seiner gesamten Laufzeit immer wieder tut. Viel mehr kann man den Titel als zynischen Befehl von Stelfox an das Publikum verstehen: “Werdet eure Freunde los. Nur ohne emotionalen Ballast könnt ihr erfolgreich sein!” Stelfox ist der Typ Mensch, der alles für seinen eigenen Erfolg tun würde. Er würde uns die Welt versprechen, wenn er sich dadurch einen Vorteil erhofft. Sobald er keinen Nutzen mehr in einer Person sieht, lässt er sie fallen wie eine heiße Kartoffel. Und obwohl es sich bei Steven Stelfox um eine wahnsinnig unangenehme Person handelt, strahlt er doch eine gewisse Faszination aus. Wir hängen an den Lippen dieses widerlichen Narzissten.

Kill your Friends Filmstill

Kill your Friends ©2023 Ascot Elite

Das liegt einerseits an der Form des Films. Wir erleben die Handlung aus Stelfox’ Perspektive. KILL YOUR FRIENDS entführt uns in die Gedankenwelt der Hauptfigur. Immer wieder gibt es Voice-Over-Momente, in denen wir seine innere Stimme hören. Regisseur Owen Harris geht sogar noch einen Schritt weiter und durchbricht regelmäßig die vierte Wand. Stelfox spricht uns direkt an. Wir werden zu Kompliz*innen, vielleicht zu den einzigen Freund*innen, die er hat. Ein weiterer Faktor, der Steven Stelfox so faszinierend macht, ist das herausragende Schauspiel von Nicholas Hoult. Der britische Schauspieler hat in den letzten Jahren mit Filmen wie THE MENU bewiesen, was für ein wandelbarer Darsteller er ist. Auch hier verkörpert er perfekt die Kälte und Distanz seiner Figur, ohne dabei völlig abstoßend zu wirken. Er bringt den nötigen Charme mit, der Stelfox zu einer solch gefährlichen Figur macht.

British Psycho!

Nicht nur der Hauptdarsteller bietet hier eine großartige Performance. Im Film sehen wir talentierte Darsteller*innen wie Georgina King, Craig Roberts und Moritz Bleibtreu (der einen sehr kurzen, aber genauso witzigen Auftritt hat). Alle diese Figuren verfolgen ähnlich wie Stelfox ihren eigenen Plan. Sie wollen alle auf der Karriereleiter aufsteigen, und es geht nur darum, wer bereit ist, den höchsten Preis zu bezahlen. Dadurch entsteht eine sehr spannende Handlung voller Verrat und Intrigen. Man kann sich nie sicher sein, welche Herausforderung hinter der nächsten Ecke lauert. KILL YOUR FRIENDS wird zu einer Achterbahnfahrt, bei der man regelmäßig die Sorge hat, in der nächsten Kurve herauszufliegen. Gerade zu Beginn investiert man sich stark in die Geschichte. Leider verliert sich der Film gegen Ende immer wieder in denselben Bildern und wird dadurch etwas redundant. Zusätzlich wirft der Film einen spannenden und kritischen Blick auf die Musikindustrie. Wir sind zwar auf der Seite von Stelfox, wissen aber, dass er ein schlechter Mensch ist. KILL YOUR FRIENDS kritisiert somit unsere Ellenbogen-Gesellschaft, in der es nur den Lauten und Rücksichtslosen schaffen, an die Spitze zu gelangen.

Kill your Friends Filmstill

Kill your Friends ©2023 Ascot Elite

Zu guter Letzt muss man sagen, dass der Film auch auf audiovisueller Ebene eine gute Figur macht. In KILL YOUR FRIENDS sehen wir eine düstere Welt. Die Farben sind reduziert, um uns einen Einblick in die Weltsicht der Hauptfigur zu geben. Wenn Stelfox auf Konzerten ist, um neue Bands zu scouten, liegt der Fokus auf satteren Farben. Da Musik im Film eine große Rolle spielt, kommt auch der passende Soundtrack zum Tragen. Einerseits hören wir einen treibenden Thriller-Soundtrack, der uns die innere Unruhe der Hauptfigur verdeutlicht. Andererseits werden immer wieder passende Musikstücke eingespielt, die uns direkt ins Jahr 1997 versetzen. Dabei hören wir Bands wie The Prodigy, Oasis, Blur, Radiohead oder The Chemical Brothers.

Fazit:

Mit KILL YOUR FRIENDS ist Owen Harris ein sehr stimmungsvoller Film gelungen, der in seiner Art stark an AMERICAN PSYCHO von Mary Harron erinnert. Ähnlich wie Christian Bale verkörpert Nicholas Hoult einen unangenehmen Geschäftsmann, der für seine Karriere über Leichen gehen würde. Obwohl er unsympathisch ist, möchten wir dennoch, dass er sein Ziel erreicht. Dies liegt zum einen am herausragenden Schauspiel von Nicholas Hoult und zum anderen an der Machart des Films. Durch die direkte Ansprache von Stelfox werden wir zu Mitwisser*innen. Dadurch entwickelt sich der Film zu einem Wechselbad der Gefühle, das durch einen großartigen Soundtrack abgerundet wird.

Wie hat Dir der Film gefallen?
1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne6 Sterne7 Sterne8 Sterne9 Sterne10 Sterne (1 Bewertungen, Durchschnitt: 8,00 von 10)

Loading...





Review Fakten + Credits


Originaltitel Kill Your Friends
Kinostart 6.11.2015
Länge: 108 minuten
Produktionsland United Kingdom
Genre: Komödie | Krimi | Thriller
Regie Owen Harris
Executive Producer Len Blavatnik
Producer Will Clarke | Gregor Cameron
Kamera Gustav Danielsson
Visual Effects Justin Hutchinson-Chatburn
Musik Tom Holkenborg
Cast Nicholas Hoult, Craig Roberts, Georgia King, Tom Riley, Jim Piddock, Edward Hogg, James Corden, Joseph Mawle, Ed Skrein, Ella Smith, Moritz Bleibtreu, Rosanna Arquette, Al Weaver, Bronson Webb, Damien Molony, Alannah Olivia, Danielle Walters, Rosanna Hoult, Hugh Skinner, Dinita Gohil

Wie hat Dir der Film gefallen?
1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne6 Sterne7 Sterne8 Sterne9 Sterne10 Sterne (1 Bewertungen, Durchschnitt: 8,00 von 10)

Loading...