Review Fakten + Credits


Killers of the Flower Moon

Veröffentlichung: 2023-10-18Genre: KrimiLänge: 206 minutenBudget: $ 200,000,000
Übersicht

Die USA in den 1920er Jahren: Auf dem Gebiet der Osage Nation im Bundesstaat Oklahoma wurde jede Menge Öl gefunden, weswegen die dort lebenden indigenen Völker Nordamerikas zu großem Reichtum gelangt sind. Doch auch die Weißen Siedler haben es auf das schwarze Gold abgesehen, allen voran der einflussreiche Rancher William Hale und dessen Neffe Ernest Burkhart, der mit der Osage Mollie verheiratet ist. Unter den Angehörigen des Osage-Stammes kommt es plötzlich zu immer mehr Todesfällen, die irgendwie im Zusammenhang mit den begehrten Ölbohrrechten zu stehen scheinen. Dies löst eine groß angelegte Untersuchung einer völlig neuen Polizeieinheit – dem FBI – aus. Tom White, ehemaliger Texas Ranger und Gesetzeshüter alter Schule, leitet die Ermittlungen für die neue Bundesbehörde und stößt dabei in ein Wespennest aus Korruption und Mord...

Quelle: www.themoviedb.org

 

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Rezension

Es ist ein Glücksfall, dass die grausame Geschichte der Osage County Morde, wenn schon nicht in den Händen indigener Filmschaffender, zumindest in denen Martin Scorseses gelandet ist. Nicht etwa, weil der Regisseur und Co-Drehbuchautor der sensiblen Materie gerecht würde, sondern weil der Nimbus dieses Epigonen des Kinos der alten weißen Männer unmissverständlich machen, dass sein filmisches Scheitern keine Frage mangelnder Mittel und Möglichkeiten ist. Es ist ein weiteres Symptom der historischen Hybris im Kern der epischen Story. Die orientiert sich am Werdegang des Armeekochs Ernest Burkhart (Leonardo DiCaprio) im Schauplatz Osage County. Dessen Ölreichtum machte die Osage zur weltweit reichsten Gemeinde.

Killers of the Flower Moon Filmstill

Killers of the Flower Moon ©2023 Paramount Pictures

Deren Haupterben dezimierte von den 1910ern bis in die 30er eine Mordreihe, deren Systematik und Ausmaß der Plot trotz seiner ausufernden Länge von über drei Stunden genauso im Dunkeln lässt wie die komplexen Motive. Diese waren eben nicht nur, wie die auffällig oft auf Nebenschauplätze verlagerte Inszenierung suggeriert, die unglückliche Kollision von Geldgier mit Trunkenheit und eskalierender Eifersucht. Die materielle Macht der Osage Leute, die in einem Akt rassistischer Reglementierung häufig durch gesetzliche Vormundschaft eingeschränkt wurde, erschien insbesondere der weißen Oberschicht als Pervertierung sozialer Normen und einer „natürlichen“ Ordnung. Wiederherstellen sollte jene die Infiltration der indigenen Gemeinschaft mit weißen Männern.

Männern wie Ernest, den Scorsese anders als David Granns gleichnamige Sachbuch-Vorlage mit allen inszenatorischen Mitteln als unbedarften großen Jungen, der durch den von Robert DeNiro als paternalistischen Paten verkörperten bösen Onkel William ‘King’ Hale manipuliert wird, charakterisiert. Die Verflechtung sozialen und juristischen Sexismus, Kolonialismus und Rassismus, die erst die Grundlage der von örtlicher Polizei und Presse gedeckten Verbrechen schuf, spiegelt sich in der Ausrichtung des dramaturgischen Fokus auf Burkhart und Hale. Deren Vater-Sohn-Beziehung verdrängt die seiner Osage-Gattin Molly Kyle (herausragend: Lily Gladstone) zu ihrer alleinstehenden Mutter und ihren Schwestern Anna (Cara Jade Myers), Minnie (Jillian Dion) und Rita (Janae Collins).

Killers of the Flower Moon Filmstill

Killers of the Flower Moon ©2023 Paramount Pictures

Ernests Verbrechen erscheinen als amüsante Streiche, die durch Hale initiierte Geldheirat mit Mollie als wahre Liebe und seine Mittäterschaft wird bagatellisiert. Selbst ihr langsames Vergiften geschieht aus besten Absichten und als eines beider Kinder stirbt, sieht man seine Trauer, nicht die Mollies, deren Mutter und Schwestern bereits Opfer der Mordreihe wurden. Überhaupt übergeht der ausschweifende Plot auffällig die Auswirkungen der Gewalt auf die Osage. Sie erscheinen naiv und apathisch gegenüber den vom Ölreichtum angelockten Profiteuren. Deren systemisch geförderte Ausbeutung perpetuiert Scorseses episches Geflecht aus Spätwestern und Kriminaldrama ebenso geschickt wie effektiv, nicht nur durch Aneignung und Whitewashing einer realen (His)Story.

Killers of the Flower Moon Filmstill

Killers of the Flower Moon ©2023 Paramount Pictures

Fazit

Historisch, inszenatorisch und dramatisch dreifach gefiltert durch die Perspektive weißer Männer – Buchautor, Regisseur und Protagonist – wird aus der Geschichte indigener Frauen die weißer Männer. Deren dramatisch wirkungsvolle Starbesetzung begünstigt tendenziell die Ikonisierung der Täter und, im Fall des Hauptcharakters, deren Stilisierung zu Opfern. Die Anerkennung, die Martin Scorsese nicht nur für die handwerkliche Makellosigkeit seines Werks zukommt, demaskiert die Normalisierung kolonialistischer Narrative und systemischer Unterdrückung eindrücklicher als die langatmige Handlung. Interessant ist diese weniger als Western-Krimi denn als nebendarstellerisch exzellentes, im doppelten Sinn perfekt inszeniertes Beispiel der Problematik adäquater Aufarbeitung. Nicht nur die stilistischen Manierismen atmen den Dunst reaktionärer Relikte.

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Review Fakten + Credits


Originaltitel Killers of the Flower Moon
Kinostart 18.10.2023
Länge: 206 minuten
Produktionsland United States of America
Genre: Krimi | Historie | Drama
Regie Martin Scorsese
Executive Producer Niels Juul | Marianne Bower | Lisa Frechette | Shea Kammer | Adam Somner | Rick Yorn | Leonardo DiCaprio | John Atwood
Producer Martin Scorsese | Dan Friedkin | Bradley Thomas | Daniel Lupi | Justine Conte
Kamera Rodrigo Prieto
Visual Effects Pablo Helman
Musik Robbie Robertson
Cast Leonardo DiCaprio, Lily Gladstone, Robert De Niro, Jesse Plemons, Scott Shepherd, Cara Jade Myers, JaNae Collins, William Belleau, Jason Isbell, Louis Cancelmi, John Lithgow, Tantoo Cardinal, Jillian Dion, Brendan Fraser, Everett Waller, Tahlee Redcorn, Yancey Red Corn, Tatanka Means, Tommy Schultz, Sturgill Simpson

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