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FSK 16

FSK 16 ©FSK

Originaltitel: Last Night in Soho
Kinostart: 11.11.2021
Länge: ca. 124 Minuten
Produktionsland: Vereinigtes Königreich
Regie: Edgar Wright
Schauspieler:innen: Thomasin McKenzie | Anya Taylor-Joy | Matt Smith
Genre: Drama | Horror | Mystery
Verleih: Universal Pictures Germany

Last Night in Soho

Last Night in Soho © 2021 FOCUS FEATURES LLC. ALL RIGHTS RESERVED

Soho ist ein Stadtteil von zwei der wichtigsten Städte der Welt. Einerseits befindet sich dieser im New Yorker Manhattan, wird allerdings SoHo geschrieben, da es sich von South of Houston Street ableitet. Dementsprechend ist klar, dass es in LAST NIGHT IN SOHO um die zweite Stadt geht, London. Der Teil wird ungefähr im Norden durch die Oxford Street, im Westen durch die Regent Street, im Süden durch Piccadilly Circus und im Osten durch die Charing Cross Road begrenzt. Als sehr zentrales Viertel mit einer vielfältigen Kultur und unzähligen Bars, Restaurants und Theatern, beheimatet der Ort vor allem viele LGBTQ+ Personen und wird ergänzt um Teile vom berühmten Chinatown.

Edgar Wright, Regisseur, Drehbuchautor und Produzent dieses Films, der zudem mit THE SPARKS BROTHERS auch gerade noch eine Dokumentation in den deutschen Kinos zeigt, sagt selbst, dass er London in den Sechzigerjahren liebt. Gleichzeitig sei ihm jedoch auch bewusst, dass eine rückblickende Betrachtung häufig ein verzerrtes Weltbild zeigt und nicht immer alles so perfekt war, wie es schien. An Soho selbst fasziniert den Regisseur von BABY DRIVER und SHAUN OF THE DEAD, dass dies ein Stadtteil voller Kontraste ist und sowohl von Show und Nachtleben geprägt ist als auch von Bordellen, Strichern und suspekten Gestalten. Zusammen mit der Drehbuchautorin Krysty Wilson-Cairns (1917) sowie den Hauptdarstellenden Thomasin McKenzie (JOJO RABBIT, OLD), Anya Taylor-Joy (EMMA, THE NEW MUTANTS) und Matt Smith (OFFICIAL SECRETS, LOST RIVER), versucht Wright einen Einblick in die Geschichte von Soho zu wagen.

Darum geht es…

Wie für Studenten üblich, zieht die junge Eloise vom Land in die Großstadt, um endlich Modedesignerin werden zu können. Als zartes Mauerblümchen hat sie es nicht leicht sich in der großen Stadt durchzusetzen und spürt dies schnell anhand ihrer Mitbewohnerin. Um dem Stress zu entgehen, sucht sie sich eine andere Unterkunft als das Studentenheim und landet schließlich bei der alten Dame Mrs. Collins, die Eloise ein Zimmer anbietet, wo sie sich frei entfalten kann. Immer mehr gleitet sie dabei in eine Traumwelt ab und erkundet in dieser die 60er-Jahre in London. Zudem lässt sie sich von der hervorragenden Kleiderpracht der früheren Zeit inspirieren und kann im Studium damit regelrecht punkten. Doch während sie sich immer wieder in der Gestalt von Sandy wiederfindet, die die Clubs von Soho unsicher macht, muss sie zunehmend feststellen, dass nicht alles so perfekt scheint, wie es anfangs den Anschein gemacht hat.

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Rezension

Wenn Edgar Wright zum Zug kommt, dann wird es düster, skurril und überdreht. So auch in seinem neusten Werk, welches schon im Trailer großes erwarten lässt. Geprägt von unzähligen Neonlichtern versucht das Filmteam ein London einzufangen, welches so vor 60 Jahren existiert hat und schafft dies ausgesprochen gut. Im Zwiespalt zwischen nobler Dekadenz und maßvoller Genügsamkeit versucht Wright zwei parallele Geschichten zu erzählen, die sich mehr oder minder noch einmal in einen dritten Erzählstrang aufspalten. Einerseits sehen wir die Gegenwart, andererseits die 60er Jahre, die sich zudem inhaltlich noch aufsplitten in die schillernd, glänzende Wahrnehmung und die tragisch, bedrückende Realität. Die Grenzen zwischen allen Ebenen sind scheinbar fließend und daher auch wunderbar miteinander verwoben.

Last Night in Soho

Last Night in Soho © 2021 FOCUS FEATURES LLC. ALL RIGHTS RESERVED

Besonders gut zeigt sich dies in einer frühen Tanzsequenz, die offenbar als Oneshot eingefangen wurde und in welcher sich die beiden Hauptdarstellerinnen, die auf mystische Weise verbunden scheinen, deutlich sichtbar mehrfach abwechseln. Dies geschieht immer von Neuem nach einer Drehung – quasi immer, wenn die Darstellerin gerade den erkennbaren Bildabschnitt verlässt. Mehrfach finden wir uns in edlen Veranstaltungshäusern wieder, die durch prachtvollen Luxus glänzen. Während die Vergangenheit sich ausschließlich in den Nachtstunden ereignet, sehen wir die Gegenwart vor allem am Tage. Nicht ungewöhnlich, aber dennoch beeindruckend, scheint da die Lichtgestaltung der Bilder von LAST NIGHT IN SOHO. Tagsüber von recht natürlichem Licht geprägt, sehen wir nachts sehr aufdringliche Neonlichter, die vor allem in Rot- und Gelbtönen gehalten sind und nicht nur die Protagonistin vom Schlaf abhalten.

60er Jahre Kult, wo immer man hinschaut

Mit Songs wie Starstruck von The Kinks und Got My Mind Set on You von James Ray entführt uns der Regisseur zudem auch musikalisch in die Welt der 60er und krönt diese wunderbare akustische Untermalung mit einem grandiosen A-Capella-Interpretation des Songs Downtown, welche Anya Taylor-Joy selbst einsingt und damit viel für die prägende Atmosphäre tut. Zu Beginn noch sehr lebhaft, rasant und unterhaltend, entwickelt sich die Musik parallel zur Geschichte immer weiter in eine langsamere, ruhigere, mystische und bedrohliche Richtung.

Last Night in Soho

Last Night in Soho © 2021 Universal Studios. All Rights Reserved.

Doch einzig allein eine hervorragende Atmosphäre und interessante Bilder reichen leider nicht, wenn der ganze Rest nicht auch von Qualität zeugt. Während schauspielerisch nicht all zu viel anzumerken ist, außer, dass sowohl Any Taylor-Joy als auch Thomasin McKenzie maßlos unterfordert scheinen und Matt Smith als mieser Schmierlappen seine Rolle gut ausfüllt, ist es vor allem die Story, die lange nur vor sich hindümpelt. Sie versucht zwar zunehmend Spannung aufzubauen und einen dramatischen Höhepunkt zu etablieren, doch so richtig scheint es Edgar Wright nicht zu gelingen. LAST NIGHT IN SOHO bietet zwar einen interessanten Ansatz durch die parallel erzählten Geschichten, kostet dies jedoch nicht in Gänze aus. So kommt es, dass aus der narrativen Erzählung zunehmen eine Who-Done-It Story wird, die zwar teilweise sehr blutig und erzählt ist, aber die auf seltsame Weise abdriftet und sich in eine seltsame Richtung verläuft. Wright liefert uns somit deutlich mehr Schein als Sein.

Fazit

Wer noch nie in Soho war, wird hier ein spannendes Stadtbild präsentiert bekommen, welches die 60er Jahre in England in mehreren Facetten zeigt und dabei dennoch etwas zurückhaltend und abwartend wirkt. Die Idee eine narrative Erzählung mit Horrorelementen zu versetzen ist durchaus gut gedacht, hätte jedoch deutlich subtiler und stimmiger präsentiert werden können. Während Bild und Ton zu großen Teilen im harmonischen Einklang funktionieren und sich durch ein tolles Konvolut aus 60er Jahre Songs, die teilweise neu interpretiert sind, auszeichnet, bleiben die Schauspielenden doch weit hinter ihren Erwartungen. Das heißt nicht, dass sie ihre Arbeit nicht gut abgeliefert hätten, sondern vielmehr, dass ihr Talent schon vom Drehbuch her etwas verschenkt wurde. Während ich mir bei LAST NIGHT IN SOHO einen vielversprechenden Thriller im 60er Jahre Look erwartet habe, erhalten wir leider eher letzteres und werden mit einer mäßigen Horrorgeschichte zurückgelassen.

Als zentraler Stadtteil der britischen Hauptstadt London, hat Soho einiges zu bieten und ist vor allem in den Abendstunden einen Besuch wert. Auch Edgar Wright ist von diesem Örtchen fasziniert und ist sich sicher, dass schon in seinem Lieblingsjahrzehnt, den 60ern, dieser Flecken Erde mehr beherbergte, als es von außen den Anschein machte. Mit seinem Händchen für eine gute Musikauswahl, welches er bereits mehrfach bewiesen hat, setzt er auch seinen neusten Film ins richtige Licht – sowohl metaphorisch als auch wörtlich, denn geprägt von erdrückenden und grellen Neonbildern im engen Kontrast zu düsteren und kaum einsehbaren Szenerien, erzählt uns Wright zwei parallele Geschichten, die zu einer verschmelzen.

Leider jedoch ist dies mehr Schein als Sein und Wright verläuft sich zu sehr in der atmosphärischen Gestaltung, während er die Handlung jedoch zunehmend vernachlässigt. Trotz des guten Aufbaus eines spannenden Höhepunktes, schafft er es nicht diesen auch in Gänze auszukosten und driftet von den mitreißenden Thriller-Elementen leider zunehmend in eine absurde Horroridee ab, die im Trailer deutlich besser wirkte als im finalen Film. Mit völlig unterforderten, wenn auch soliden, Schauspielenden wäre hier deutlich mehr machbar gewesen und so wird auch großer Vorfreude schließlich doch nur ein etwas besserer Krimi mit toller 60er Jahre Stimmung.

Last Night in Soho

Last Night in Soho © 2021 FOCUS FEATURES LLC. ALL RIGHTS RESERVED

FSK 16

FSK 16 ©FSK

Original title: Last Night in Soho
Cinema release: 11.11.2021
Length: approx. 124 minutes
Country of production: United Kingdom
Director: Edgar Wright
Actors: Thomasin McKenzie | Anya Taylor-Joy | Matt Smith
Genre: Drama | Horror | Mystery
Distributor: Universal Pictures Germany

Last Night in Soho

Last Night in Soho © 2021 FOCUS FEATURES LLC. ALL RIGHTS RESERVED

Soho is a district of two of the most important cities in the world. On the one hand, it is located in New York’s Manhattan, but is spelled SoHo because it derives from South of Houston Street. Accordingly, it is clear that LAST NIGHT IN SOHO is about the second city, London. The part is roughly bounded by Oxford Street to the north, Regent Street to the west, Piccadilly Circus to the south and Charing Cross Road to the east. A very central neighbourhood with a diverse culture and countless bars, restaurants and theatres, it is home to many LGBTQ+ people in particular and is complemented by parts of the famous Chinatown.

Edgar Wright, director, screenwriter and producer of this film, who is also currently showing a documentary in German cinemas with THE SPARKS BROTHERS, says himself that he loves London in the sixties. At the same time, however, he is also aware that a retrospective view often shows a distorted view of the world and that not everything was always as perfect as it seemed. What fascinates the director of BABY DRIVER and SHAUN OF THE DEAD about Soho itself is that it is a district full of contrasts and is characterised by show and nightlife as well as brothels, hustlers and suspicious characters. Together with screenwriter Krysty Wilson-Cairns (1917) and the main actors Thomasin McKenzie (JOJO RABBIT, OLD), Anya Taylor-Joy (EMMA, THE NEW MUTANTS) and Matt Smith (OFFICIAL SECRETS, LOST RIVER), Wright tries to venture an insight into the history of Soho.

That’s the story about

As is usual for students, young Eloise moves from the country to the big city to finally become a fashion designer. As a delicate wallflower, she doesn’t have an easy time asserting herself in the big city and quickly senses this from her roommate. To escape the stress, she looks for accommodation other than the dormitory and finally ends up with the old lady Mrs. Collins, who offers Eloise a room where she can develop freely. She slips more and more into a dream world and explores the 60s in London. In addition, she is inspired by the outstanding dresses of the earlier period and can really score points with them at university. But while she repeatedly finds herself in the guise of Sandy, who makes the clubs of Soho unsafe, she increasingly has to realise that not everything seems as perfect as it initially appeared.

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Review

When Edgar Wright makes his move, things get dark, bizarre and over-the-top. This is also the case in his latest work, which already gives rise to great expectations in the trailer. Characterised by countless neon lights, the film team tries to capture a London that existed 60 years ago and does it extremely well. In the dichotomy between noble decadence and moderate frugality, Wright tries to tell two parallel stories that more or less split into a third narrative strand. On the one hand we see the present, on the other the 1960s, which are also split in terms of content into the dazzling, shining perception and the tragic, oppressive reality. The boundaries between all levels are seemingly fluid and therefore wonderfully interwoven.

Last Night in Soho

Last Night in Soho © 2021 FOCUS FEATURES LLC. ALL RIGHTS RESERVED

This is particularly evident in an early dance sequence, which was apparently captured as an oneshot and in which the two main actresses, who seem to be connected in a mystical way, visibly take turns several times. This always happens anew after a turn – quasi always when the actress is just leaving the recognisable section of the picture. Several times we find ourselves in noble event venues that shine with splendid luxury. While the past takes place exclusively at night, we see the present mainly during the day. Not unusual, but nevertheless impressive, seems to be the lighting design of the pictures of LAST NIGHT IN SOHO. While during the day we see quite natural light, at night we see very intrusive neon lights, mainly in shades of red and yellow, which keep not only the protagonist from sleeping.

60s cult wherever you look

With songs like Starstruck by The Kinks and Got My Mind Set on You by James Ray, the director also takes us musically into the world of the 60s and crowns this wonderful acoustic background with a grandiose a capella interpretation of the song Downtown, which Anya Taylor-Joy sings herself and thus does a lot for the defining atmosphere. At the beginning still very lively, fast-paced and entertaining, the music develops parallel to the story more and more in a slower, calmer, mystical and threatening direction.

Last Night in Soho

Last Night in Soho © 2021 Universal Studios. All Rights Reserved.

Unfortunately, an excellent atmosphere and interesting images alone are not enough if all the rest is not also of quality. While there is not too much to note in terms of acting, except that both Any Taylor-Joy and Thomasin McKenzie seem vastly underwhelmed and Matt Smith fills his role well as a lousy greaseball, it is above all the story that bumbles along for a long time. It tries to build up tension and establish a dramatic climax, but Edgar Wright doesn’t seem to succeed. LAST NIGHT IN SOHO offers an interesting approach through the parallel stories, but does not fully exploit this. As a result, the narrative narrative increasingly turns into a who-done-it story, which is very bloody and told in parts, but which drifts off in a strange way and goes in a strange direction. Wright thus provides us with considerably more appearance than reality.

Conclusion

If you have never been to Soho, you will be presented here with an exciting cityscape that shows the 60s in England in several facets and yet seems somewhat restrained and wait-and-see. The idea of infusing a narrative with horror elements is well thought of, but could have been presented in a much more subtle and coherent way. While the picture and sound work in harmony for the most part and are distinguished by a great conglomeration of 60s songs, some of which are reinterpreted, the actors fall far short of their expectations. This is not to say that they didn’t deliver their work well, but rather that their talent was somewhat given away by the script itself. While I expected LAST NIGHT IN SOHO to be a promising thriller with a 60s look, we unfortunately get rather the latter and are left with a mediocre horror story.

Schauspieler:in Rolle
Thomasin McKenzie Eloise
Anya Taylor-Joy Sandie
Matt Smith Jack
Diana Rigg Ms Collins
Aimee Cassettari Eloises Mutter
Rita Tushingham Peggy
Colin Mace Taxifahrer
Michael Ajao John
Synnove Karlsen Jocasta
Jessie Mei Li Lara
Kassius Nelson Cami
Rebecca Harrod Ashley
Alan Mahon Toucan Bartender
Connor Calland betrunkener Student