Review Fakten + Credits


Darum geht es
Um Geld für eine mögliche Hochzeit mit der Tochter einer wohlhabenden Familie zu verdienen, steigt Amir ins Fischgeschäft ein und gerät in einen Kaviarschmuggel.
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Rezension

Mit wehmütigen Blick beobachtet Amir die Ankunft von Freunden vor dem Haus seiner Geliebten. Der vierköpfigen Familie ist jene Tür geöffnet, die ihm verschlossen bleibt. Sein Schicksal zeigt der nahtlose Umschnitt auf die nächste Szene: ein provisorisches Tor aus Blech, das sich öffnet. Dahinter viele Männer, die händeringend nach einer Arbeit auf der anliegenden Baustelle suchen. Nur wenige haben Glück. In unaufdringlichen Bildern wie diesen ergründet Regisseur Behrooz Karamizade die Lage und Gefühle seiner Hauptfigur und mit ihm und seiner Geliebten die Lebensrealität einer jungen Generation.

eine Häusergasse bei Nacht, im Hintergrund leuchten Lampen, im Vordergrund stehen eine lächelnde Frau mit Kopftuch und Taschen sowie ein junger Mann, der eine Süßigkeit von der jungen Frau entgegennimmt

Leere Netze © Port au Prince Pictures GmbH

Amirs Suche nach einer neuen Arbeit, nachdem er überstürzt seine Anstellung als Kellner verloren hat, führt ihn von Betrieb zu Betrieb und schließlich in die Fischerei. Der raue Wellengang des Meeres lässt erahnen, wie es im Inneren des jungen Mannes zugeht, der seine Gefühle häufig hinter einer zurückhaltenden Mine versteckt. Ähnlich wie die selbstbewusste Narges ihre Beziehung zu ihm vor ihrer gut situierten Familie geheim hält. Die klassische Konstellation aus wohlhabender und mittelloser Familie und allen voran Alis Sehnsüchte und Enttäuschungen nüchtern ausleuchtend, entwirft das Erstlingswerk ein stimmungsvolles Gegenwartsporträt.

Zwischen Versteck- und Mitspielen

Von dem leerstehenden Haus, in dem sich das Paar an einem provisorisch mit Laken ausgelegten Sofa trifft, hat man einen weiten Ausblick aufs Kaspische Meer. Näher kommt Amir dem Wohlstand seiner Geliebten höchstens, wenn sie ihm Süßigkeiten von Zuhause mitbringt. Zugleich zeigt das Meer eine äußerst wandelbare Gestalt: Arbeitsplatz und Fluchtmöglichkeit, Rückzugsort und Schule, Verlockung als auch Schlund. Ein Ort, der sich mit seiner rauen Erscheinung in der Inszenierung festigt und die aufwühlenden Alltags- und Problemschilderungen Nachdruck verleiht.

Jene reichen von den Überwindungsversuchen von Klasse und Tradition, Korruption und Kaviarschmuggel, einer Liebe im Geheimen und den Zukunftsängsten und Hoffnungen junger Iraner*innen. Schonungslos fängt die iranisch-deutsche Koproduktion die Träume und Gegenwartsperspektiven seiner Figuren ein, klagt in aufrichtigen Dialogen an und baut seine Spannung beharrlich auf. Entlädt diese sich nicht auf hoher See, dann in ehrlichen Aussprachen der Figuren, die neben der Fokussierung Amirs eine noch tiefere Betrachtung Narges’ ersehnen lassen. Hamid Reza Abbasi und Sadaf Asgari agieren als authentisches Duo gegen die Widrigkeiten sowie letztlich auch als Einzelpersonen gegeneinander.

ein Steg bei Tag, im Wasser vor dem Steg ragen Pfähle aus dem Wasser, an der Spitze des Steges sitzt ein junger Mann mit dem Rücken zur Kamera, neben ihm liegt eine junge Frau

Leere Netze © Port au Prince Pictures GmbH

Ein glückliches, unbeschwertes Zusammenleben ist nur in wenigen Momentaufnahmen möglich, die hoffnungsvolle Töne setzen, deren Anschein der Film aber niemals erliegt. Einblicke in den Mikrokosmos der Fischer bleiben schmucklos und grob, tragische Einzelschicksale ergänzen die geerdeten Beobachtungen mit fröstelnder Beiläufigkeit. Politisch zurückhaltend greift LEERE NETZE das individuelle Ringen innerhalb einer Welt von Restriktionen auf, eingegrenzt von Geldlosigkeit und dem Patriarchat. Gefangen in Netzen, die bis zum trüben, realistischen Ende niemals wirklich leer sind. Sondern immer voller Fische, zerplatzter Träume oder Ertrunkener.

Fazit

Hinter seinem unscheinbaren wie vielseitigen Titel verbirgt LEERE NETZE ein unaufdringlich gespieltes und inszeniertes, rau bebildertes Gegenwartsdrama und Spielfilmdebüt.

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Review Fakten + Credits


Originaltitel Leere Netze
Kinostart 18.1.2024
Länge: 101 minuten
Produktionsland Germany
Genre: Drama
Regie Behrooz Karamizade
Kamera Ashkan Ashkani
Musik John Gürtler | Jan Misere
Cast Hamid Reza Abbasi, Sadaf Asgari, Keyvan Mohamadi, Pantea Panahiha, Ali Bagheri, Mojtaba Bahmani, Mehrdad Bakhshi, Behzad Dorani, Ali Mohseni

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