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See How They Run Filmstill

See How They Run ©2022 20th Century Studios

Noch heute können Freude von Agatha Christies Werken tagtäglich eines im Londoner West End erleben. Dort wird noch immer „Die Mausefalle“ als Theaterstück aufgeführt, wodurch es das längste ununterbrochen aufgeführte Bühnenspiel darstellt. Das Stück entstand ursprünglich für die damalige Königinmutter Mary unter dem Titel „Drei blinde Mäuse“ und es gab bis auf die Zwangspausierung durch die COVID-19.Pandemie keinerlei größere Aufführungsunterbrechungen seit dem Jahr 1952. Eine Umbenennung musste jedoch stattfinden, als aus dem ursprünglich angedachten Radio-Hörspiel schließlich das Theaterstück geformt wurde, da es bereits ein anderes Werk mit diesem Titel gab. Die Exklusivität der Aufführungen sorgte sogar dafür, dass laut Max Mallowan dieses Stück einen ebenso großen touristischen Wert habe, wie der Besuch des Buckingham-Palasts und des Towers. Langfilm Regiedebütant Tom George bedient sich dieser erfolgreichen Vorlage und entwickelt darauf basierend eine ganz eigene Kreation des Stücks. Überraschenderweise kann er dafür auf einen mehrfach ausgezeichneten und sogar Oscar® prämierten Cast zurückgreifen.

Darum geht es

Es sind die 50er Jahre und in London läuft Agatha Christies Stück „Die Mausefalle“ bravourös. Hochumjubelt entstehen sogleich die Pläne dieses Werk auch zu verfilmen. Doch noch vor der 100. Aufführung wird plötzlich der angedachte Regisseur tot aufgefunden. Der etwas abgehalfterte aber dennoch stets gewissenhafte Inspektor Stoppard nimmt sich sogleich diesem Fall an und beginnt mit Hilfe seiner überaus eifrigen, stets aufmerksamen und wissbegierigen Kollegin Constable Stalker die Beweise zu sichern, Zeugen und Zeuginnen zu befragen und dem Täter Stück für Stück näher auf die Schliche zu kommen. Dabei begegnet der erfahrende Ermittler nicht nur im Falle der Mordaufklärung einigen Schwierigkeiten, sondern muss er sich immer wieder auch mit den vorschnellen Schlüssen der jungen Constable auseinandersetzen, wodurch er sogar selbst zur Zielscheibe wird. Doch eine Frage bleibt: Wer hat es getan?

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Rezension

Krimigeschichten mit Whodunit Konzept aus Christies Feder haben wir in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder vorgesetzt bekommen und gerade MORD IM ORIENT-EXPRESS und TOD AUF DEM NIL haben zuletzt bewiesen, dass diese Filmsparte noch lange nicht ausgelutscht ist und das Publikum noch immer nach undurchsichtigen Mörderjagden lechzt. Es zeigt sich, dass mittlerweile weniger die Suche nach dem oder der Mörderin im Mittelpunkt steht als letztlich doch die jeweils charmante Art der Inszenierung mit oftmals einzigartigen und mitreißenden Figuren. Dennoch bedient sich George einer Geschichte, die bisweilen nicht all zu viel Bekanntheit besitzt, denn tatsächlich wurde Die Mäusejagd lediglich einmal unter dem Titel DIE FUCHSJAGD als 50-minütiger deutscher Fernsehfilm adaptiert, wobei es sich hierbei ebenfalls nur um eine Studioaufzeichnung eines Theaterclubs handelt.

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See How They Run ©2022 20th Century Studios

Sowohl im Theater als auch im Film machen die Figuren am Ende der Vorführung darauf aufmerksam, dass das Verraten des großen Finales nicht erwünscht ist und sie erteilen dem Publikum damit im modernen Jargon ein Spoilerverbot. An dieses möchten wir uns auch strikt halten. Nichtsdestotrotz sei gesagt, dass wir nicht mit einer revolutionären Geschichte beseelt werden, die völlig unvorhersehbar und überraschend erscheint. Stattdessen zielt das Filmteam sogar darauf ab mit diversen Genreklischees zu spielen und Whodunit Filme in voller Bandbreite zu persiflieren. Während DER WIXXER sowie dessen Fortsetzung sich bereits einer solchen Thematik angenommen haben, begibt sich SEE HOW THEY RUN auf einen niveauvolleren Pfad und bedient sich sogar einem noch subtileren Humor als die fabelhafte Komödie ALLE MÖRDER SIND SCHON DA. Dies geht nicht ohne eine äußerst referenzielle Art, weshalb wir immer wieder überhäuft werden mit Postern zu den verschiedensten Stücken und Geschichten.




Das Genie beherrscht sein Chaos

Dabei schwelgt jedoch George nicht nur in der frühen Film- und Theaterhistorie, sondern bedient sich vor allem inszenatorisch auch heutigen Meisterwerken. So scheint es mehrfach als wäre Wes Anderson eine große Inspiration für den Regisseur gewesen, denn auch wenn die Bilder oftmals vor Unordnung strotzen, so scheint doch eine Liebe fürs Detail eingeflossen zu sein, die wiederum Ordnung in das wüste Durcheinander bringt. Die perfektionistischen Kamerafahrten, die nicht selten eher künstlerischer als cineastischer Liebe zu entspringen scheinen, ergänzen zudem diese Annahme. Mit einer äußerst freien visuellen Interpretation der 50er Jahre sowie einer ungewöhnlichen Figurenkonstellation, die merklich auf Diversität gepolt ist, ist schnell ersichtlich, dass hier keine historisch korrekte Handlung erzählt werden soll, sondern SEE HOW THEY RUN eher auf die Unterhaltung des Publikums abzielt. Hier sei jedoch erwähnt, dass das Werk vor allem im Pacing einige Defizite aufweist und damit eine Wohlfühl-Schlafatmosphäre fördert.

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See How They Run ©2022 20th Century Studios

Im Mittelpunkt des Ganzen steht selbstredend das Ermittlerteam, verkörpert von Oscar® Preisträger Sam Rockwell sowie der mehrfach nominierten Saoirse Ronan. Auch wenn dabei die Hoffnungen auf eine wieder einmal fabelhafte Inszenierung Rockwells liegen, so ist es doch Ronan, die ihm voll und ganz die Show stiehlt. Das Talent des US-Amerikaners wird leider zu keinem Zeitpunkt ausgespielt, denn er ist stets nur der mürrische Beiwohner seiner eigenen Ermittlungen in einer immergleichen abwesenden Darstellung. Abseits davon wird versucht ein Ensemblefilm aufzuziehen, wie es schon das Filmposter klar suggeriert. Dies gelingt jedoch nur ansatzweise, denn statt im klassischen Whodunit Stil jeder Figur eine ähnliche Screentime zu verpassen, bleibt der Fokus der Handlung stets am Ermittlerteam hängen und zeigt somit leider viel zu wenig zur Spekulation anregende Szenen um die einzelnen Rollen.

Fazit

Auch wenn SEE HOW THEY RUN nicht gerade mit einer spektakulären, unvorhersehbaren und einzigartigen Story glänzt, so ist doch deutlich erkennbar, dass dies auch nie im Ansinnen des Regisseurs war. Stattdessen bekommen wir in etwas mehr als anderthalb Stunden Film eine nette kleine Persiflage auf die Whodunit Filme von Agatha Christie und zeitgleich ein bisher als Spielfilm unverfilmtes Stück Theatergeschichte präsentiert. Hochklassig besetzt erwartet uns kein Ensemblefilm, wie es das Poster suggeriert, sondern einen klassischen Detektivkrimi in welchem Hauptdarsteller Sam Rockwell lediglich im Schatten seiner Co-Darstellerin Saoirse Ronan bleibt. Das Werk selbst bietet einige nette Verwebungen, die vor allem mit der „Stück im Stück – Thematik“ spielen. Deswegen und weil viel Zeit in die Charakterisierung des Protagonisten Duos gesteckt wird, hat der Film durchaus Defizite im Pacing, die nicht selten auch mit Sekundenschlaf verbunden sein können. Dennoch bietet die Suche nach dem Mörder nette Unterhaltung mit vielen Referenzen für zwischendurch.

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