FilmkritikIn Kürze

Originaltitel: Die Unbeugsamen
Kinostart: ursprünglich 07.05.2020 – Terminverschiebung I: 18.06.2020 – Terminverschiebung II: demnächst

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FSK 0 ©FSK

Länge: ca. 104 Minuten
Produktionsland: Deutschland
Regie: Torsten Körner
Genre: Dokumentation
Verleiher: Majestic-Filmverleih

Die Unbeugsamen

Die Unbeugsamen ©2020 Majestic Filmverleih

Die Bonner Republik ist eine Bezeichnung für die Zeit von 1949 bis 1990 in Deutschland, in dem Westdeutschland von Bonn aus regiert und geleitet wurde. Daran angelehnt haben auch die Weimarer Republik und Berliner Republik ihren Namen erhalten. Dies war zudem die Zeit, in der die Rechte der Frauen auf deutschem Staatsgebiet eine enorme Entwicklung machten. So trat zum Beispiel am 03. Mai 1957 das Gesetz zur Gleichberechtigung in Kraft, welches die Selbstbestimmung der Frau in umfassendem Maße vorantrieb und den Männern damit das zuvor gültige Recht nahm, über verschiedene Lebensgrundlagen der Ehefrau zu entscheiden. Natürlich war der Gesetzeserlass kein zauberhaftes Fingerschnippen, welches plötzlich alles veränderte, denn auch heute noch gibt es viele soziale und betriebswirtschaftliche Ungerechtigkeit.

Die Unbeugsamen ©2020 Majestic Filmverleih

Darum geht es…

Schwer zu kämpfen überhaupt gehört zu werden, hatten auch damalige Politikerinnen, die zu großen Teilen von Männern verspottet und ignoriert wurden, da ein Frauenbild ihre Denkweisen bestimmte, welches heute kaum noch vorstellbar ist. Ein wesentliches Problem dabei war die sexuelle Diskriminierung, die lange Zeit uneingeschränkt geduldet wurde. Regisseur Torsten Körner hat sich mit eben jener Zeit genauer befasst und umfassende Recherchen durchgeführt. Da ihm bei seinen sonstigen Arbeiten auffiel, dass die Männer eine herrschende Domäne Mitte des 20. Jahrhunderts einnahmen, ist es ihm ein Bedürfnis gewesen, einmal die weitaus mühseligeren Tätigkeiten der Frauen zu beleuchten, die dafür sorgten, dass Deutschland heute dasteht, wo es sich befindet. Dabei ist er auf äußerst beunruhigende historische Ereignisse gestoßen, die die erfolgsbesessenen Männer nicht gerade in einem guten Licht stehen lassen.

Für DIE UNBEUGSAMEN hat Torsten Körner sich die Unterstützung zahlreicher Pionierinnen der Bonner Republik gesichert und in umschweifenden und intensiven Interviews persönliche Erfahrungen, Erinnerungen und Leidenschaften zu Tage gefördert. Aufgeteilt in zwölf Kapitel werden schrittweise die Erfolge und Fortschritte der Frauenbewegungen kenntlich gemacht, während dem Zuschauer zeitglich die Positionen der Männer durch Videobelege aus früheren Sitzungen und Debatten vernichtend an den Kopf geworfen, diese jedoch weitestgehend selbstwirksam präsentiert werden.

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Rezension

Selten fällt es mir so schwer, passende Worte für einen Film zu finden, wie bei diesem. Nicht, weil ich den Inhalt abstrus oder weltfern empfinden könnte oder gar das Verständnis für das Gezeigte völlig ausblieb, sondern vielmehr, weil ich erst in den 90er Jahren geboren wurde, mein Politikverständnis sich somit zumeist erst auf die Zeit nach der Jahrtausendwende beschränkt, als auch als Mann Schwierigkeiten sehe, meine persönliche Meinung dies betreffend zu formulieren, ohne damit versehentlich einen falschen Nerv zu treffen. Daher entschuldige ich mich schon jetzt für jedes mögliche Missverständnis, dass aus unzureichenden Wortfindungen resultieren und damit ein Meinungsbild zeigen könnte, welches nicht meinen Ansichten entspräche.

Die Unbeugsamen

Christa Nickels, DIE GRÜNEN und Helmut Kohl, CDU | Die Unbeugsamen ©2020 Majestic Filmverleih

Dieser Film ist grundlegend ein spannendes Werk, welches vor allem jüngeren Generationen einen ansatzweisen Einblick in frühere Geschehnisse rund um den Politikbegriff liefert. Aus heutiger Perspektive ist es nur noch schwer vorstellbar, dass Frauen diskriminierend und sexistisch missachtet wurden und ihre Meinung häufig an alt errichteten Mauern der Meinungsfreiheit abprallten, auch wenn entsprechende Ungerechtigkeiten in der Gleichberechtigung fortan existieren und selbstverständlich weiter bekämpft und ausgemerzt werden müssen. Die Dokumentation zeigt einflussreiche weibliche Persönlichkeiten, die heute in weiten Kreisen der Generationen unbekannt zu sein scheinen und es dennoch verdienen, in Geschichtsbüchern großflächig aufzutauchen. Zudem werden Frauen aller wichtigen Parteien in die Handlung eingebunden, um damit ein breites Bild der Darstellung schaffen zu können.

Ein schmaler Grad der Gegensätze

Unfassbare Einblicke in frühere Podiumsdiskussionen lassen das Publikum erschaudern angesichts der unzumutbaren Ignoranz der männlichen Führungskräfte und bringen Debatten an den Tag, die vermutlich auch damals im großen Gewirr der vielen Veränderungen häufig untergingen und der breiten Volksmasse womöglich entgangen sind. Diese vielen guten Argumente für diesen Film sind unanfechtbar, bringen jedoch etwas mit sich, dass cineastisch dieses Werk vor arge Herausforderungen stellt. Ausnahmslos alle der Frauen prahlen zurecht mit ihren Taten in der Vergangenheit und rücken die Männer durch fast schon angewiderte Hassbotschaften, die zumeist durch eine politisch korrekte Sprache hervorlugen, in die Ecke der Unmenschlichkeit. Dadurch entstehen widerwärtige Anfeindungen, die zu einem Umgang aufrufen, der in der heutigen Zeit nicht mehr angebracht wäre, und zwar die Meinung zum geschichtlichen Umgang wahrheitsgemäß widerspiegelt, jedoch keine Grenzen zwischen Historie und Gegenwart zieht.

Die Unbezugsamen

Die Unbeugsamen ©2020 Majestic Filmverleih

DIE UNBEUGSAMEN hat somit den gefährlichen Grad eingeschlagen, eine Lösung zu finden zwischen dokumentarischer Genauigkeit, politischer Aktualität und friedlicher Weiterentwicklung. Genau diesen Weg sehe ich nicht als erfolgreich eingeschlagen, da es keine Gegendarstellungen gibt, sondern einzig und allein eine Vereinigung von Stimmen, die alle mit dem Finger in die gleiche Richtung zeigen.

Selbst im Abspann wird eine positive Entwicklung bewusst in eine negative Darstellungsform umgestaltet durch Informationen wie dem erstmaligen Rückgang des Frauenanteils im Bundestag sowie den noch immer bestehenden Ungleichheiten der Geschlechter, anstatt aufzuzeigen, was die mutigen und kraftvollen und vor allem auch lobenswerten Kämpfe der Frauen letztlich schon gebracht haben und wofür es sich lohnt weiterhin Engagement zu zeigen.

Cineastisch unspektakulär, aber inhaltlich mitreißend

Recht umfassende Einblicke in damalige Schlagabtäusche werden meist beendet von Landschaftsbildern oder künstlerischen Darstellungen, die dem Zuschauer angemessene Zeit geben, sich mit der kürzlich gesehenen Szene zu beschäftigen, diese zu verarbeiten und zu durchdenken und damit einen Kontrast zum ansonsten recht harten Tobak zu liefern. Dieses Werk könnte eine wichtige Grundlage für heutigen Schulstoff darstellen, muss jedoch in angemessenem kritischem Kontext verarbeitet und gezeigt werden, um die Meinungsbildung zukünftiger Generationen zu fördern, aber eben nicht zu beeinflussen. Zudem liefert DIE UNBEUGSAMEN recht viel Diskussionspotential hinsichtlich heutiger gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen im Vergleich zu damals.

Die Unbeugsamen

Die Unbeugsamen ©2020 Majestic Filmverleih

Mich selbst hat der Film gepackt und neugierig gemacht, auch eine Darstellung der DDR-Regentschaft zu sehen und möglicherweise auch einen tieferen Einblick in die Politik nach 1990 zu erhalten. Gleichzeitig jedoch habe ich den Kinosaal mit gemischten Gefühlen verlassen, zum einen mangels tieferer grundlegender Informationen, zum anderen wegen des gefühlt recht hohen subjektiven Anteils, der hier scheinbar Einfluss genommen hat. Ein Zwiespalt bleibt somit gewiss beim Zuschauer zurück, in welcher Hinsicht auch immer.

Frauen und das Thema Gleichberechtigung ist absolut kein neues Thema und wurde schon hunderte Male aufgerollt. Bisher jedoch weitestgehend unberücksichtigt sind cineastisch Frauen in der Politik und wie die Entwicklung hin zu einer gleichberechtigen Landesführung sich in der Vergangenheit Deutschlands wiederspiegelt. In DIE UNBEUGSAMEN wird mit dieser Wissenslücke weitestgehend aufgeräumt und ein spannender Einblick in die Leistungen und Errungenschaften von damals diskreditierten und teilweise sexuell diskriminierten, aber eben auch unerschrockenen und ehrgeizigen Frauen der Politik geliefert. Dabei macht der Film kein Hehl daraus sich einzig und allein auf die Ansichten der weiblichen Persönlichkeiten zu fokussieren, was leider den unangenehmen Beigeschmack der sehr subjektiven Darstellung mit sich bringt und somit keine Gegendarstellungen zulässt. Insgesamt entwickelt sich das Werk zudem immer weiter weg von den heroischen Leistungen der dargestellten Damen, hin zu einer unappetitlichen Negativdarstellung heutiger Missstände, welche ohne Einwände der Korrektur bedürfen. Lohnenswert ist der Film auf alle Fälle, sollte jedoch nicht kritiklos genossen und akzeptiert, sondern viel mehr zum sicherlich erhofften Ziel der gemeinsamen Diskussions- und Entwicklungsgrundlage genutzt werden, um damit eine Basis zu schaffen, auf der sich aufbauen lässt.

Die Unbeugsamen

Die Unbeugsamen ©2020 Majestic Filmverleih