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My Son

My Son ©2022 EuroVideo

Kriminalfilme erfreuen sich einer hohen Beliebtheit. Seit Jahrzehnten versammeln sich viele deutsche Zuschauer*innen jeden Sonntag vor dem heimischen Fernseher, um die neusten Verbrechen im TATORT zu betrachten. Insbesondere skandinavische Kriminalgeschichten sind völlig im Mainstream angekommen. Einer der ersten die düsteren Geschichten über Ermittler geschrieben hat, deren eigene Traumata einen großen Teil der Geschichte einnehmen, war der schwedische Schriftsteller Stieg Larsson. In seiner Millennium Trilogie begleiten wir den Ermittler Mikael Blomkvist, der gemeinsam mit Lisbeth Salander, einer Hackerin, Kriminalfälle löst. Die Bücher wurden mehrfach adaptiert, zuerst als schwedische Fernsehfilme, dann später von David Fincher, mit Daniel Craig und Noomi Rapace in den Hauptrollen, zuletzt sollte Fede Alvarez 2018 einen Versuch wagen, mit VERSCHWÖRUNG, einer Fortsetzung zu Finchers Filmen, die gleichzeitig als Softreboot dienen sollte. Im Zentrum der Handlung stand diesmal Claire Foy in der Rolle der Hackerin.

Nun, im Jahr 2021, sollte Claire Foy in einem ähnlich düsteren Krminalthriller auftauchen. In MY SON, von Regisseur Christian Carion, verkörpert Foy eine Mutter deren Sohn entführt wurde, im Zentrum des Geschehens steht allerdings James McAvoy, der den Vater des Jungen und Ex-Mann von Foys Figur spielt. Es handelt sich bei MY SON um eine englischsprachige Umsetzung von MON GARÇON aus dem Jahr 2017. Diesmal sollte die Handlung allerdings nicht in Frankreich stattfinden, sondern in Schottland. Für den Film hat Hauptdarsteller McAvoy ein Drehbuch ohne Dialoge erhalten. Carions Ziel war es, wie auch schon bei MON GARÇON, echte Emotionen bei dem Schauspieler zu erzeugen. In meinem Text erfahrt ihr, ob der Plan aufgeht, oder ob Carion zu viel wollte.

Darum geht es…

Edmond Murray (James McAvoy) kehrt zurück in seine schottische Heimat, als er erfährt, dass sein Sohn aus einem Ferienlager verschwunden ist. Er und seine Frau Joan (Claire Foy) haben sich bereits vor vielen Jahren getrennt und nun Leben Ethan (Max Wilson) und seine Mutter bei Frank (Tom Cullen), ihrem neuen Partner. Ihr Plan ist es eigentlich in ein neues Haus zu ziehen, doch sämtliche Zukunftspläne werden von Ethans verschwinden überschattet. Da Edmund der Polizei nicht vertraut beginnt er kurzerhand auf eigene Faust zu ermitteln, Frank ist ihm schon seit Jahren suspekt und er scheint etwas vor Ed zu verbergen. Darüber hinaus wird Ed von seiner Vergangenheit eingeholt und dem geheimnisvollen Job, über den er nur sehr selten spricht, er scheint einer großen Sache auf der Spur zu sein.

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Rezension

Mit MY SON ist Christian Carion ein durchaus solider Thriller gelungen, leider verliert sich der Film etwas in unnötigen Details und schafft es nicht eine durchgehend spannende Geschichte zu erzählen. Was ein Film über das Verschwinden eines Kindes und einer vermeintlichen Verschwörung mitbringen sollte, ist ein Szenario, dass zum Rätseln einlädt. In Filmen wie Denis Villeneuves PRISONERS, der eine sehr ähnliche Prämisse verfolgt, versucht man selbst die Hinweise zu deuten, die einem der Film bietet, es wird sich kritisch mit Themen wie Selbstjustiz auseinandergesetzt, Carion versucht mit seinem Film in eine ähnliche Kerbe zu schlagen, nur leider scheitert es an der Umsetzung.

My Son

My Son ©2022 EuroVideo

Gerade zu Beginn strahlt der Film noch eine bedrückende Atmosphäre aus und entführt uns in eine trostlose Welt, in der die Gefühlswelt der verzweifelten Eltern gespiegelt wird. Immer wieder wird uns durch beeindruckende Aufnahmen der schottischen Highlands verdeutlicht, dass eine Suche nach dem Jungen in der weitläufigen Landschaft aussichtslos ist. Die Bilder sind dazu entsättigt und es wurde hauptsächlich an regnerischen und grauen Tagen gedreht, damit wir den ganzen Schmerz der Hauptfiguren fühlen. Man muss Regisseur Christian Carion lassen, dass er es schafft eine glaubwürdige und schmerzhafte Welt zu erzeugen, in der sich menschliche Figuren bewegen. Besonders hervorzuheben ist das Schauspiel von James McAvoy, der sich in der Vergangenheit bereits mit Filmen wie SPLIT, DRECKSAU oder seinen Auftritten in den X-MEN Filmen einen Namen gemacht hat. In MY SON schafft es McAvoy sein ganzes schauspielerisches Können zu präsentieren, bereits in den ersten Szenen spürt man durch feinsinniges Schauspiel die innere Zerrissenheit seiner Figur, er ist überwältigt von der Wut, der Trauer und der Frustration, die er gleichzeitig spürt.

Realismus statt Eskapismus.

My Son

My Son ©2022 EuroVideo

So sehr es Carion gelingt das beste aus den Darsteller*innen zu holen, so sehr scheitert es an der Handlung. Grundsätzlich ist MY SON kein schlechter Film, allerdings ist die Krimi-Handlung maximal solide. Erstmal versucht Carion uns mit möglichst wenig Erklärungen zu versorgen, sodass man sich einen großen Teil der Handlung selbst erschließen muss, er versucht damit scheinbar einen realistischen Einblick und organische Gespräche erzeugen zu wollen, ein sehr interessanter Ansatz. Dadurch, dass die Figuren sich kennen, wir sie aber nur von außen betrachten, fällt es dann manchmal sehr schwer ihre Handlungen nachzuvollziehen, oder ihre Hintergründe zu verstehen. So fragt man sich die ganze Zeit, was Edmond beruflich macht, da scheinbar sehr mächtige Menschen im Hintergrund strippen ziehen, diese Frage wird allerdings nie geklärt.

Was den Film letztendlich sehr frustrierend macht ist das Ende. Mit den wenigen Hinweisen, die der Film bietet, versucht man eine interessante Konklusion zu kreieren, das Finale hat dann leider die uninspirierteste Auflösung, die man sich vorstellen kann. Nicht nur das, auch der Weg dahin ist großer Quatsch. Die ganze Ermittlung stützt sich auf einen kleinen Hinweis, der völlig konstruiert wirkt. Insgesamt wird die Handlung nur durch eine Aneinanderreihung glücklicher Zufälle aufgelöst. Immerhin hat es für die Hauptfigur Konsequenzen, dass sie das Gesetz in die eigene Hand nimmt.

Fazit

Christian Carion hat sich mit MY SON an einem Thriller versucht, der sehr realistisch sein soll. Die Frage die sich dabei stellt: Wollen wir bei einem Krimi eine realistische Geschichte sehen oder wollen wir mit spannenden Thrillern aus der eigenen Welt fliehen. Durch diesen Ansatz ist ein Film entstanden, der durch den eignen Anspruch den Fokus auf die Handlung verliert. Trotzdem lohnt sich der Blick für einen großartigen James McAvoy und für einen wundervoll gefilmten Film.

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In den schottischen Highlands verschwindet ein kleiner Junge aus einem Ferienlager. Edmond (James McAvoy) macht sich auf die Suche nach seinem Sohn und kommt dabei einer großen Sache auf die Spur.

Bei MY SON handelt es sich um ein Remake des französischen Films MON GARÇON, der ebenfalls von Christian Carion inszeniert wurde. Carion versucht mit seinem Film einen sehr realistischen Krimi zu inszenieren, der sich Aufgrund des eigenen Anspruchs in Ungereimtheiten verliert. Der Film verzichtet vollkommen auf Erklärungen und Vorstellungen, da sich die Figuren seit Jahren kennen. So müssen wir uns die Welt der Fremden selbst erschließen. Leider passiert es dadurch, dass wir nie erfahren, was es mit Edmonds mysteriösem Job auf sich hat, und warum mächtige Leute Einfluss auf die Ermittlungen nehmen. Gerade zum Ende wirkt der Film immer konstruierter und bietet ein unglaublich lahmes Finale.

Trotzdem schafft es gerade James McAvoy mit seiner Darstellung eines frustrierten Vaters zu glänzen. Selten hat der Schauspieler eine so überzeugende Performance gegeben, man spürt ab der ersten Sekunde seine innere Zerrissenheit. Vermutlich hat der Ansatz des Regisseurs, seinen Hauptdarsteller die Texte improvisieren zu lassen, einen großen Teil dazu beigetragen. Wer einen spannenden Kriminalfilm sehen will, wird mit MY SON nur wenig Freude haben, wer allerdings einen großartig gefilmten und gespielten Film sehen möchte, ist hier an der richtigen Adresse.

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My Son

My Son ©2022 EuroVideo

Originaltitel My Son
DVD/Blu-ray – Release 10.03.2022
Länge ca. 95 Minuten
Produktionsland Vereinigtes Königreich | Frankreich | Deutschland
Genre Krimi | Drama | Mystery
Verleih EuroVideo
FSK
FSK 12

FSK 12 ©FSK


Regie Christian Carion
Drehbuch Christian Carion | Laure Irrmann
Produzierende Christian Carion | Marc Butan | Brahim Chioua | Noémie Devide | Adam Fogelson | John Friedberg | Marc Gabizon | Laure Irrmann | Vincent Maraval | Rebecca O’Brien | Stéphane Riga | Robert Simonds | Jack Thomas-O’Brien | Kim-Fox Yoder
Musik Laurent Perez Del Mar
Kamera Eric Dumont
Schnitt Loïc Lallemand

Besetzung Rolle
James McAvoy Edmond Murray
Claire Foy Joan Richmond
Tom Cullen Frank
Gary Lewis Inspector Roy
Michael Moreland William O’Connor
Robert Jack Alan
Owen Whitelaw Fergus
Paul Rattray Steven
Toni Frutin Leah
Rosalind Sydney Camp Manager
Paul Stirrat Junior Police Officer
Andrew John Tait Roadblock Cop
Max Wilson Ethan Murray
Mark Barrett Officer Birch

 

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