FilmkritikIn Kürze
Jetzt auf Amazon kaufen oder leihen Originaltitel: Gisaengchung (기생충)
Kinostart: 17.10.2019
DVD/Blu-ray – Release: 05.03.2020

FSK 16

FSK 16 ©FSK

Länge: ca. 132 Minuten
Produktionsland: Südkorea
Regie: Bong Joon-ho
Schauspieler:innen: Song Kang-ho | Woo-sik Choi | Park So-Dam
Genre: Thriller | Komödie | Drama
Verleih: Koch Films

Parasite

Parasite © Koch Films

Der asiatische Markt ist im Filmgeschäft ein stetig wachsender, der in den vergangenen Jahren aus zum Teil unbedeutenden internationalen Produktionen, durch enorm hohe Besucherzahlen, bedeutende gemacht hat. Doch auch Eigenproduktionen aus dem asiatischen Markt erfreuen sich aufstrebender Beliebtheit. Zuletzt konnte BURNING die Massen begeistern und hat sich bis zu einer Oscarnominierung durchgekämpft.

Mit PARASITE hat es nun erstmalig in der Oscargeschichte ein nicht amerikanischer Film geschafft gleich alle großen Preise des Oscarverleihung abzuräumen: Bester Film, Beste Regie, Bestes Drehbuch und Bester internationaler Film. Dieser Erfolg ist somit nicht nur einer für Südkorea sondern für die ganze restliche Welt, denn damit wird Oscargeschichte neu geschrieben und künftig ist auch ein Sieg ausländischer Produktionen nicht mehr gänzlich ausgeschlossen. Schon bei den 72. Internationalen Filmfestspielen von Cannes, war dieser der totale Abräumer und wurde als erster südkoreanischer Film überhaupt mit der goldenen Palme ausgezeichnet.

Parasite

Parasite © Koch Films

Koreanischer Kinostar Bong Joon-ho

Regisseur Bong Joon-ho ist dabei lange kein unbekannter Star mehr. Mit Filmen wie SNOWPIERCER, HUNDE, DIE BELLEN, BEIßEN NICHT und MEMORIES OF MURDER, hat er sich längst einen Namen gemacht. Bis dato hat er sich mit jedem Film an ein neues Genre gewagt. Sowohl Thriller als auch Action, Abenteuer und Komödie sind Teile seiner Filmgeschichte. Mit PARASITE vereint er nun viele dieser Genre zu einem großen Gesamtwerk. Als Familiendrama und Komödie versucht das Werk zu entzücken und schafft dieses offenbar auch, denn auch gut fünf Monate nach Kinostart ist der Film noch auf den großen Leinwänden zu entdecken und erfreut sich fabelhaften Besucherzahlen. Zudem hat Bong Joon-ho dem Hype noch einmal Anschubs gegeben, indem er eine Schwarz-Weiß-Fassung dieses Werks veröffentlichte, die offenbar die cineastische Qualität noch einmal um Längen anhebt. Für diese Rezension wurde jedoch die Farbfassung gesehen.
Doch überall hört man nur Lobhudeleien ohne je so richtig zu erfahren, um was es eigentlich in diesem Film geht. Wir klären daher einmal auf:

Parasite

Parasite © Koch Films

Das Leben einer Familie im Umbruch

Familie Kim ist eine mittellose Anhäufung von erfolglosen Erwachsenen. Um die Kosten für eine kleine, unschöne und nicht lebenswerte Wohnung zu finanzieren, die ständig Besoffenen als Urinal dient, faltet die Familie Pizzakartons und erhält dafür einen Hungerlohn.

Um aus dieser Misere hinauszugelangen, versucht Ki-woo, der Sohn von Kim Ki-taek und Frau Chung-sook, irgendwo eine bessere Stelle zu ergattern. Wie praktisch, dass zufällig sein alter Schulfreund vorbeischaut und ihm einen lukrativen Nachhilfejob im Hause der reichen Park-Familie verschafft. Nachdem er dort herzlich aufgenommen wurde, bietet sich in kürzester Zeit die Möglichkeit auch noch seine Schwester Ki-jung beruflich dort unterzubringen.

Weißt du, welcher Plan immer klappt und nie fehlschlägt? Der „Kein-Plan“! […] Wenn man keinen Plan hat, kann auch nichts schief gehen.

Durch geschickte weitere Intrigen erreichen die Beiden es schließlich auch noch ihren Vater als Fahrer und ihre Mutter als Haushälterin für die Familie arbeiten zu lassen. Besser hätte es für die vier kaum kommen können, wäre da nicht die ehemalige Hausfrau, die viele Jahre ihres Lebens in diesem Haus verbracht hat. Doch was soll eine Frau allein schon anstellen?

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Stimmig bis zum Schluss

PARASITE ist eine recht ungewöhnliche Genrekomposition, wie es sie schon lange nicht mehr in den Kinos gab. Während in einer recht langen und nicht so spannenden Einführungsszene die einzelnen Figuren und deren Lebensumstände vorgestellt werden, schafft es das Werk dann doch noch rechtzeitig die Kurve zu kriegen. In kürzester Zeit wird ein amüsantes Geflecht aus Lügen und Intrigen aufgebaut, welches auch die Spannung immer mehr in Fahrt bringt.

Parasite

Parasite © Koch Films

Durch gezielten Einsatz von harmonischen musikalischen Klängen und hervorragend agierenden und schauspielenden Darstellern, wurde eine Dynamik geschaffen, die kaum ein anderer Film der nahen Vergangenheit entwickeln konnte. Zwar gibt es auch einige nicht vollständig ausgereifte Szenen, diese verlieren jedoch an Hand der gesamten Komplexität des Werks nahezu vollständig an Bedeutung.

Einziger größerer Makel ist eine recht aggressive Szene, in der an dem Hauptdarsteller deutlich weniger Maske erkennbar ist, als sie sein sollte, um der Sinnhaftigkeit des Moments gerecht zu werden. Doch achtet man nicht ganz präzise darauf, fällt dies wohl auch kaum auf. 

Unterhaltsam verstörend

Elemente von Theaterstücken finden hier ihren Einsatz. So werden kaum die Lokalitäten gewechselt, womit der Eindruck eines Kammerstücks erweckt wird. Die dramaturgische Spannungskurve ist dabei präzise genau ausgearbeitet und hält den Zuschauer durch stetige Genrewechsel stets bei Laune. Grundsätzlich als „Gute-Laune-Film“ benennbar, werden auch so ziemlich alle anderen Gefühlslagen geschickt durchlebt und damit eine geniale Inszenierung mit sehr unerwarteten Wendungen geschaffen.

Parasite

Parasite © Koch Films

Doch nicht nur Harmonie ist der wesentliche Bestandteil des Films, denn auch die blutigen Szenerien kommen nicht zu kurz. Sehr spät erkenntlich, wird dann jedoch recht klar deutlich, dass eine FSK 16 Kennzeichnung vollkommen gerechtfertigt und unumgänglich ist.

Insgesamt begeistert der Film auf allen Ebenen und hinterlässt doch keinen vollkommen bleibenden Eindruck. Die Symbiose aus Bildmaterial, Sound, Gefühl, Humor und entsetzlichen Momenten, ist nahezu perfekt gelungen, und dennoch sorgt die Ausdruckslosigkeit der Figuren doch für einige Ungereimtheiten. 

Ein visuelles und akustisches Meisterwerk der südkoreanischen Filmlandschaft begeistert noch immer die internationalen Publikumsmassen. Nach BURNING schafft auch PARASITE das unglaubliche und überzeugt mit einem wirklich kreativen modernen Storytelling, welches ungewöhliche Wege geht und dabei nicht mehr nur auf ein einzelnen Genre einzugrenzen ist. Regisseur Bong Joon-ho weiß stets die richtigen Töne anzuschlagen und hat ein Film produziert, der in sich vollkommen logisch erscheint und dabei immer wieder das richtige Tempo aufweist. Jeder der Darsteller macht seinen Job brillant und schafft es damit den Zuschauer in eine begeisternde Atmosphäre hinein zu ziehen. Gleichzeitig schafft es Bong Joon-ho unterschwellige Gesellschaftskritik durch präzise ausgeformte Bilder einfließen zu lassen ohne sich dabei offensichtlich angreifbar zu machen. Das Sounddesign sitzt auf den Punkt und lenkt die jeweilige Stimmung der einzelnen Szene hervorragend. Ist dies nun ein Film, den man unbedingt im Kino sehen muss? Eher nicht, doch eher weil es nicht mehr zusätzlich profitieren kann von der großen Leinwand. Eine Sichtung ist daher dennoch äußerst empfehlenswert. 

Parasite

Parasite ©2019 Koch Films