Review Kurzkritik Fakten + Credits


The Twin Filmstill

The Twin ©2022 Leonine

Wir alle kennen sie, wir alle lieben sie (manchmal hassen wir sie auch): Geschwister. Der finnische Regisseur Taneli Mustonen zeigt uns in seinem neusten Film eine ganz besondere geschwisterliche Beziehung, nämlich die Verbindung zweier Zwillinge. Wenn zwei Geschwister zum selben Zeitpunkt auf die Welt kommen und aus derselben Eizelle Stammen, sorgte es schon immer für die wildesten Spekulationen. Wenn die beiden schon dasselbe Gesicht teilen, was teilen sie dann noch alles? Spürt der eine Zwilling es, wenn dem anderen etwas Furchtbares passiert? Teilen sie ihren Schmerz? Gibt es eine Art spirituelle Verbindung? Natürlich sind die meisten Theorien völliger Irrsinn und wollen unsere menschliche Suche nach etwas Größerem befriedigen, allerdings eignen sich Mythen immer wunderbar, um Horrorfilme aus ihnen zu spinnen. So können wir in THE TWIN die Verbindung zweier besonderer Kinder beobachten. Wenn ihr wissen wollt, ob ihr euch bei dem Film gruseln könnt, oder man hier einen weiteren durchschnittlichen Horrorfilm zu sehen bekommt, lest weiter.

Darum geht es…

Ein furchtbarer Autounfall hat das Leben von Rachel (Teresa Palmer) und Anthony (Steven Cree) in den Grundfesten erschüttert. Die beiden haben ihren Sohn Nathan verloren. Erst versuchen sie in New York ihre Trauer zu bewältigen, doch in der Stadt erinnert sie alles an Nathan. Sie beschließen gemeinsam mit ihrem Sohn Elliot (Tristan Ruggeri), Nathans Zwillingsbruder, zurück in Anthonys Heimat zu ziehen, nach Finnland. Sie beziehen ein großes Haus und Rachel fällt direkt auf, dass dieses Gebäude von Geheimnissen umgeben ist. Anthony tut dies als Hirngespinste seiner Frau ab, die immer noch unter dem schmerzlichen Verlust ihres Sohnes leidet. Als die kleine Familie eines Tages zu einem Felsen rudert, auf dem sich schon Urvölker verewigt haben, berührt Elliot den Felsen und wünscht sich etwas. Jetzt beginnen die Ereignisse sich zu überschlagen, der Junge scheint nicht mehr derselbe zu sein und Rachel bekommt von einer Dorfbewohnerin mitgeteilt, dass dies schon einmal passiert sei. In dem Ort scheint etwas Finsteres vorzugehen.

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Rezension

Häufig schaue ich mir für diese Seite Filme an, die klein sind und bisher kaum besprochen wurden. Es fällt häufig schwer sich zu informieren, ob es sich um einen guten Film handelt, oder ob man sich erneut durch einen amateurhaften Horror-Streifen quälen muss. Wenn man dann aber in der Masse einen Film entdeckt, der es schafft, positiv zu überraschen, ist die Freude umso größer. Bei THE TWIN handelt es sich um genau so einen Film. Taneli Mustonen hat hier einen sehr stimmungsvollen Film geschaffen, der uns mit seinen interessanten Wendungen bis zum Ende bei Laune hält.  Auf den ersten Blick wirkt THE TWIN wie ein klassischer Haunted-House-Film, in dem von einem unheimlichen alten Haus eine düstere Aura ausgeht. Je mehr die Handlung voranschreitet, desto mehr merken wir, wie der Regisseur uns an der Nase herumführt. Dennoch muss man sagen, dass es viele Entwicklungen gibt, die man bereits aus meilenweiter Entfernung sehen kann, nichtsdestotrotz lässt sich dies verkraften, da man mit einem überaus befriedigenden Ende belohnt wird.

The Twin Filmstill

The Twin ©2022 Leonine

Insbesondere auf inszenatorischer Ebene kann THE TWIN auf ganzer Linie überzeugen. Für die Kamera im Film war der ebenfalls finnische Kameramann Daniel Lindholm verantwortlich, der bereits in der Vergangenheit mit Mustonen gearbeitet hat. Wir sehen im Film diverse Drohnen-Aufnahmen, die im ersten Moment wie ein Gimmick wirken, dann aber später eine tiefere Bedeutung bekommen. Es wird im Allgemeinen sehr viel mit Symbolik gespielt. So beobachten wir zu Beginn des Films, wie die trauernde Rachel ins neue Zimmer ihres Sohnes geht. Im Hintergrund sehen wir ein Rundes Fenster, in dessen Mittelpunkt sich nun der Kopf befindet. Wird hier ein Heiligenschein angedeutet? Was hat der Kreis für eine tiefere Symbolik? Solche Bilder werden immer wieder aufgegriffen und entfalten sich mit Voranschreiten des Films.




Der Horror der Einsamkeit

Das Zentrum der Handlung macht dabei das Gefühl der Fremde aus. Ähnlich wie in Ari Asters großartigem Horrorfilm MIDSOMMAR, befindet sich unsere Hauptfigur auch hier in einer Welt, in der sie die Sprache nicht versteht und die Kultur nicht kennt. Die Dorfbewohner*innen scheinen der Amerikanerin gegenüber sehr skeptisch zu sein. Dementsprechend sehen wir immer wieder Szenen, in denen finnisch gesprochen wird und danach die Blicke in Richtung Rachel wandern. Sie fühlt sich dadurch schnell wie eine Außenseiterin. Die Einzige, die mit ihr zu Sprechen vermag, ist eine Britin, die in der Vergangenheit mit ihrem Mann in den Ort gezogen ist. Von den Dorfbewohnern wird sie als verrückt dargestellt, doch sie scheint etwas ähnliches durchgemacht zu haben wie Rachel. Durch sie merkt die trauernde Mutter, was genau in dem Ort vorzugehen scheint.

The Twin Filmstill

The Twin ©2022 Leonine

Leider schaffen es die Schauspieler*innen nicht ihre Emotionen zu übertragen. Es machen zwar alle einen soliden Job, es fällt den Darsteller*innen aber häufig sehr schwer Gefühle wie Trauer zu vermitteln. Stattdessen verlieren sie sich in übertriebenen Gesten und dadurch verliert THE TWIN leider etwas an Wirkung. Das ist gerade deswegen Schade, da es sich um einen Film um Verlust und Trauer handelt. Das Trauma der Mutter steht als zentrales Element im Fokus, doch leider verpufft dieses Thema, wenn wir den Darstellenden in emotionalen Rollen die Gefühle nicht abkaufen. Stattdessen wird immer wieder auf unnötige Jumpscares gesetzt, damit wir etwas fühlen, obwohl der Film dies nicht nötig gehabt hätte. Die dichte Atmosphäre allein reicht schon um die Zuschauenden zu Gruseln. Diese regelmäßig eingestreuten Schocks machen den Film leider etwas schlechter.

Fazit

Trotz der Jumpscares und dem nicht immer zündenden Schauspiel, ist THE TWIN ein sehr sehenswerter und vor allem stimmungsvoller kleiner Horror-Tipp. Viele der Elemente sind uns zwar schon aus anderen Filmen bekannt, allerdings macht der Film etwas Eigenes daraus und überrascht uns mit einem sehr interessanten Ende. Besonders hervorzuheben sind die wundervoll gefilmten Bilder, die diesen kleinen finnischen Film wie einen großen Hollywood-Horror-Schocker wirken lassen. Solltet ihr also Lust auf einen Film haben, in dem sich Haunted House und Folk-Horror Elemente befinden, dann werdet ihr mit THE TWIN eure Freude haben. Unter der Flut der kleinen Horrorfilme, sticht dieser Film strahlend hervor.

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