Eigentlich ist Nicolette Krebitz eher als Schauspielerin bekannt, die bereits seit rund 40 Jahren auf der Kinoleinwand begeistern kann. Zuletzt feierte sie gerade ihre Wiedervereinigung mit dem BANDITS-Trio und war zusammen mit Katja Riemann und Jasmin Tabatabai im Film FLY mit einer ungewöhnlichen Tanz-Resozialisierungsmaßnahme beschäftigt. Immer wieder versucht sie sich jedoch auch an eigenen Produktionen. Bereits 2001 begann Krebitz damit, als Regisseurin und Drehbuchautorin an ersten Filmen wie JEANS zu arbeiten. Bis heute entstanden auf diese Weise vier Langfilme. Mit ihrem Film WILD erlangte sie auch internationale Aufmerksamkeit, da sie hier eine ungewöhnliche Romanze zwischen einem Wolf und einer Frau präsentierte. Dieses Werk brachte ihr jedoch auch ganze vier Auszeichnungen beim deutschen Filmpreis ein. Ihr neustes Werk A E I O U – DAS SCHNELLE ALPHABET DER LIEBE feierte Premiere im Wettbewerb der diesjährigen 72. Berlinale.
Darum geht es…
Annas große Zeit als Schauspielerin ist eigentlich vorüber, und schon lange hatte sie keinen großen Erfolg mehr. Auch die finanziellen Mittel gehen immer weiter zur Neige, und so lebt sie in einer Wohnung des befreundeten Hausbesitzers und Romantikers Michel. Trotz allem fühlt sie sich noch wie eine Grande Dame. Sie kann es kaum fassen, als eines Tages ein junger Bursche ihr eiskalt die Handtasche abnimmt und losspurtet. Eine aufmerksame junge Dame erkennt dies, verfolgt den Dieb und stellt ihn, wodurch Anna ihr Eigentum zurückerhält. Doch es war nicht die letzte Begegnung mit dem Räuber, denn nur kurze Zeit später übernimmt sie die Aufgabe, einen 17-jährigen Waisenjungen als Sprachlehrerin zu betreuen. Trotz der anfänglichen Skepsis scheint es der forsche junge Mann ihr angetan zu haben, und sie beginnt sich noch einmal wie in ihren besten Jahren zu fühlen.
Rezension
A E I O U – DAS SCHNELLE ALPHABET DER LIEBE ist der Versuch, romantische Träumereien noch einmal wahr werden zu lassen und auf fremde Kosten seinen eigenen Fantasien hinterher zugeifern. Eine Liebesgeschichte mit riesigem Altersunterschied (hier immerhin 43 Jahre) tritt nur äußerst selten auf und bietet darüber hinaus auch keine große Garantie, dass daraus mehr wird als eine billige Affäre. Dennoch kommen auch solche Konstellationen immer wieder zu Stande. Laut Statista existiert bei 2,7% aller Lebensgemeinschaften ein größerer Altersunterschied als 16 Jahre.[1] Dabei ist es jedoch eher ungewöhnlich, dass wie in diesem Film Frauen die Rolle der älteren Person übernehmen. Der BR berichtete 2019, dass laut statistischem Bundesamt rund 73% der Beziehungen genau andersrum gelagert sind und der Mann älter als seine Partnerin ist.[2] Ein jugendlicher Liebhaber, oftmals auch Toyboy oder Lustknabe genannt, gilt hingegen eher als sexuelle Fantasie.
Auf die Ausführungen, wie so etwas zustande kommen kann, können wir glücklicherweise an dieser Stelle verzichten und getrost auf den wunderbaren Film GOOD LUCK TO YOU, LEO GRANDE verweisen, der ebenfalls seine Premiere bei der 72. Berlinale feierte und mit Emma Thompson in der Hauptrolle ein ganz ähnliches Thema, wenn auch deutlich dezidierter und fokussierter aufgreift. Zudem wollen wir uns nicht anmaßen, über die sexuellen oder romantischen Interessen anderer Menschen zu äußern, denn klar sollte sein, dass die Liebe oftmals seltsame Wege geht und nur selten berechenbar ist. Dennoch schaffen es die beiden Hauptdarstellenden Sophie Rois (zuletzt in DIE SCHULE DER MAGISCHEN TIERE und EIN VERBORGENES LEBEN) und der junge Leonardo DiCaprio und Cillian Murphy – Verschnitt Milan Herms nicht, eine nachvollziehbare und harmonische Verbindung in ihren Rollen einzugehen.
Die perfekt unperfekte Katastrophe
Klar strukturierte und detailgetreu abgestimmte Bilder präsentieren uns genau den Perfektionswahn, den deutsche Filmteams immer wieder in ihre Filmsets hineinlegen. Diese unattraktive Art der Bildgestaltung wird nur noch getoppt durch die ebenfalls nicht untypische blasse Farbgebung und die massive Angst, mit knalligen Tönen oder gar Filtern zu arbeiten. Nichts wirkt ungeplant und natürlich – nicht einmal das Schauspiel aller Beteiligten. Einzig die deutsche Filmlegende Udo Kier, der zuletzt gerade bei dem überaus empfehlenswerten Apple TV+ Film SWAN SONG zu sehen war, beweist seine Erfahrung als langjähriger Schauspieler und tritt gewohnt souverän auf. Leider jedoch nur in wenigen Momenten, wodurch seine Figur kaum Beachtung findet. Warum sich sogar Moritz Bleibtreu für eine kleine Gastrolle hergegeben hat, erschließt sich leider zu keinem Zeitpunkt.
Stattdessen müssen wir uns 105 Minuten lang berieseln lassen von einer unsinnigen und schlecht durchdachten Szenerie nach der anderen. Sei es die Idiotie, dass ein Raubzug mit einer Zeitungsmaske niemand bemerken würde und einen ganzen Straßenzug nicht interessiert oder läppische Filmfehler wie eine Handtasche, in der normalerweise nur ein Schlüssel drin ist und einige Szenen später die wildesten Dinge hervorgezogen werden – nichts scheint hier zu passen. Immer wieder widerspricht A E I O U – DAS SCHNELLE ALPHABET DER LIEBE sich selbst und zeigt sogar noch mit dem Finger auf die eigenen Ungenauigkeiten. Wie schon Forrest Gump einmal festgestellt hat: Dumm ist der, der dummes tut. Wenn uns als Zuschauende nun ein Film präsentiert wird, der rund zwei Millionen Euro nur an Fördergeldern in Deutschland und Frankreich abgegriffen hat und das ungewöhnlichste und scheinbar auch teuerste eine Zeitungsmaske ist, dann brauch zu Gumps Feststellung wohl nichts mehr ergänzt werden.
Erzählerisches Harakiri
Selbst die Erzählstruktur wird nach nur wenigen Minuten komplett über Bord geworfen. Der Anfang dieses Werks suggeriert, dass die Vokale Kapitelartig einen Leitfaden durch die Geschichte präsentieren, da insbesondere der Buchstabe A ausführlich definiert und bebildert wird. Doch offenbar hat Frau Krebitz während des Drehs völlig vergessen, wie die Geschichte eigentlich erzählt werden sollte, und wir erfahren nie, welche Bedeutung den anderen Buchstaben zugeordnet werden. Stattdessen funktionieren die Vokale künftig nur noch als Symbolbild für das Alphabet und werden als solches nur ein einziges Mal im gesamten Film aufgerufen. Dies passt daher bestens zur ohnehin schon völlig absurden Szenenzusammenstellung, die jeglicher Unbedeutsamkeit entspringt und nicht einmal auch nur den Hauch eines Gefühls abseits des Anwiderns präsentiert. Wieder einmal sehen wir somit einen Film, bei dem das Geld offenbar lieber für einen schönen Urlaub statt eine professionelle und erwähnenswerte Filmleistung ausgegeben wurde.
Fazit
Kommt es überraschend? Nein. Schockiert es trotzdem? Ja. A E I O U – DAS SCHNELLE ALPHABET DER LIEBE zeigt wieder einmal die Schrecken der deutschen Filmindustrie auf erschütterndste Weise. Das erzwungene Drehbuchschauspiel, kombiniert mit harmonielosen Figurenkonstellationen, unattraktiven Bildgestaltungen, albernen billigen Kostümen und einer absurden Vorstellung davon, wie Humor und Romantik funktionieren, bilden in der Gesamtbetrachtung eine enttäuschende Filmdarbietung. Wenn regelrecht spürbar ist, dass das Filmteam unbekümmert bleibt, wenn Ungenauigkeiten auftreten, dann wurde so ziemlich alles falsch gemacht, was möglich war. Somit gehört dieser Film leider zu den absolut größten Enttäuschungen des diesjährigen Berlinale Festivals.
Wie hat Dir der Film gefallen?
Quellen:
[2] Beziehungen mit großem Altersunterschied, br.de, abgerufen am 25.02.2022
Bereits Udo Jürgens sang: Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an. Dies dachte sich offenbar auch Regisseurin und Drehbuchautorin Nicolette Krebitz, die in ihrem neusten Film versucht, einer fast genauso alten Frau noch einmal die schillernde Jugend zurückzubringen. Als Weltpremiere auf der 72. Berlinale ausgestrahlt, erhielt das Publikum mit A E I O U – DAS SCHNELLE ALPHABET DER LIEBE, einen der belanglosesten und unwichtigsten Wettbewerbsfilme des Jahres. Der Film zeigt wieder einmal die Schrecken der deutschen Filmindustrie auf erschütterndste Weise. Das erzwungene Drehbuchschauspiel, kombiniert mit harmonielosen Figurenkonstellationen, unattraktiven Bildgestaltungen, albernen billigen Kostümen und einer absurden Vorstellung davon, wie Humor und Romantik funktionieren, bilden in der Gesamtbetrachtung eine enttäuschende Filmdarbietung.
Wenn regelrecht spürbar ist, dass das Filmteam unbekümmert bleibt, wenn Ungenauigkeiten auftreten, dann wurde so ziemlich alles falsch gemacht, was möglich war. Ein Logik- und Inszenierungsfehler reiht sich in diesem Werk an den anderen und macht einen Filmgenuss unmöglich. Mehr als zwei Millionen Euro Fördergelder wurden somit regelrecht verbrannt, und es ist nicht mal erkennbar, wofür da selbst die wenigen Spezialeffekte unfassbar schlecht aussehen. Leider eine herbe Enttäuschung auf allen Ebenen.
Wie hat Dir der Film gefallen?
Nicolette Krebitz is actually better known as an actress who has been thrilling audiences on the big screen for around 40 years. Most recently, she just celebrated her reunion with the BANDITS trio and was involved with an unusual dance resocialisation programme together with Katja Riemann and Jasmin Tabatabai in the film FLY. Time and again, however, she also tries her hand at her own productions. As early as 2001, Krebitz began working as a director and screenwriter on her first films such as JEANS. To date, four feature films have been made in this way. She also gained international attention with her film WILD, in which she presented an unusual romance between a wolf and a woman. However, this work also earned her a total of four awards at the German Film Awards. Her latest work, A E I O U – DAS SCHNELLE ALPHABET DER LIEBE, premiered in competition at this year’s 72nd Berlinale.
What it’s about…
Anna’s great days as an actress are actually over, and she hasn’t had much success for a long time. Her finances are also running low, and so she lives in a flat owned by Michel, a house owner and romantic friend. Despite everything, she still feels like a grande dame. She can hardly believe it when one day a young lad takes her handbag cold as ice and runs off. An attentive young lady recognises this, pursues the thief and confronts him, thus giving Anna back her property. But it was not the last encounter with the robber, because only a short time later she takes on the task of looking after a 17-year-old orphan boy as a language teacher. Despite her initial scepticism, the brash young man seems to take a shine to her and she begins to feel like she is in her prime once again.
Review
A E I O U – DAS SCHNELLE ALPHABET DER LIEBE is an attempt to make romantic dreams come true once again and to chase one’s own fantasies at someone else’s expense. A love story with a huge age difference (43 years in this case) is extremely rare and offers no great guarantee that it will turn into anything more than a cheap affair. Nevertheless, such constellations do happen again and again. According to Statista, 2.7% of all cohabiting couples have an age difference greater than 16 years.[1] However, it is rather unusual for women to take on the role of the older person, as in this film. BR reported in 2019 that, according to the Federal Statistical Office, around 73% of relationships are exactly the other way round, with the man being older than his partner.[2] A youthful lover, often called a toyboy or boy toy, on the other hand, is considered more of a sexual fantasy.
Fortunately, we can dispense with the explanations of how such a thing can come about at this point and confidently refer to the wonderful film GOOD LUCK TO YOU, LEO GRANDE, which also celebrated its premiere at the 72nd Berlinale and, with Emma Thompson in the leading role, takes up a very similar theme, albeit in a much more determined and focused way. Moreover, we do not want to presume to comment on other people’s sexual or romantic interests, because it should be clear that love often takes strange paths and is rarely predictable. Nevertheless, the two main actors Sophie Rois (most recently in THE SCHOOL OF MAGIC ANIMALS and A HIDDEN LIFE) and the young Leonardo DiCaprio and Cillian Murphy – offspring Milan Herms do not manage to form a comprehensible and harmonious bond in their roles.
The Perfectly Imperfect Catastrophe
Clearly structured and detailed images present us with exactly the mania for perfection that German film teams always put into their film sets. This unattractive kind of image design is only topped by the equally not untypical pale colouring and the massive fear of working with gaudy tones or even filters. Nothing seems unplanned or natural – not even the acting of everyone involved. Only German film legend Udo Kier, who was most recently seen in the highly recommended Apple TV+ film SWAN SONG, proves his experience as a long-time actor and performs with his usual aplomb. Unfortunately, however, only in a few moments, which means that his character hardly gets any attention. Why even Moritz Bleibtreu gave himself up for a small guest role is unfortunately not clear at any point.
Instead, we have to be sprinkled with one nonsensical and ill-conceived scene after another for 105 minutes. Be it the idiocy that a robbery with a newspaper mask would not be noticed by anyone and would not interest a whole street or ludicrous film mistakes like a handbag that normally only has a key in it and a few scenes later the wildest things are pulled out – nothing seems to fit here. Again and again A E I O U – DAS SCHNELLE ALPHABET DER LIEBE contradicts itself and even points the finger at its own inaccuracies. As Forrest Gump once observed: Stupid is he who does stupid. When we, as viewers, are presented with a film that has received around two million euros in funding from Germany and France, and the most unusual and apparently most expensive thing is a newspaper mask, then nothing more needs to be added to Gump’s statement.
Narrative hara-kiri
Even the narrative structure is completely jettisoned after only a few minutes. The beginning of this work suggests that the vowels present a chapter-like guide through the story, as the letter A in particular is defined and illustrated in detail. But apparently Ms Krebitz completely forgot how the story was supposed to be told during filming, and we never learn what meaning is assigned to the other letters. Instead, the vowels henceforth function only as a symbolic image for the alphabet and as such are only called up once in the entire film. This therefore fits in perfectly with the already completely absurd scene composition, which springs from any insignificance and does not even present the slightest hint of a feeling apart from disgust. So once again we see a film where the money was obviously spent on a nice holiday rather than a professional film performance worth mentioning.
Conclusion
Does it come as a surprise? No. Does it still shock? Yes. A E I O U – DAS SCHNELLE ALPHABET DER LIEBE once again shows the horrors of the German film industry in the most shocking way. The forced screenplay acting, combined with harmony-less character constellations, unattractive picture designs, silly cheap costumes and an absurd idea of how humour and romance work, make for a disappointing film performance when viewed as a whole. When it is downright palpable that the film team remains unconcerned when inaccuracies occur, then pretty much everything has been done wrong that was possible. Thus, this film is unfortunately one of the absolute biggest disappointments of this year’s Berlinale Festival.
How did you like the movie?
Sources
[2] Beziehungen mit großem Altersunterschied, br.de, abgerufen am 25.02.2022
Originaltitel | A E I O U – Das schnelle Alphabet der Liebe |
Berlinale – Release | 13.02.2022 |
Berlinale – Sektion | Wettbewerb |
Kinostart | 16.06.2022 |
Länge | ca. 105 Minuten |
Produktionsland | Frankreich | Deutschland |
Genre | Drama | Romanze |
Verleih | Port au Prince Pictures GmbH |
FSK | unbekannt |
Regie | Nicolette Krebitz |
Drehbuch | Nicolette Krebitz |
Produzierende | Maren Ade | Jonas Dornbach | Peter Hartwig | Janine Jackowski | Jean-Christophe Reymond | Ben von Dobeneck |
Kamera | Reinhold Vorschneider |
Schnitt | Bettina Böhler |
Besetzung | Rolle |
Sophie Rois | Anna |
Udo Kier | Michel |
Milan Herms | Adrian |
Nicolas Bridet | Inspector Gregori |
Moritz Bleibtreu |
Wie hat Dir der Film gefallen?
Hinterlasse einen Kommentar